Mimikry

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Die Spiele der Gesellschaft , in der jeder seine Rolle hat und beibehalten muss, ob er will oder nicht, ansonsten fliegt er raus, sind für mich eine Form von Mimikry,  Anpassen und Täuschen und so lebts sich's angenehm. Aber es lebt sich dabei keineswegs glücklich, wie der Blick auf die Figuren in diesem Roman deutlich zeigen.

Leo Becker ist mit 37 Jahren auf dem Höhepunkt seiner künstlerischen Karriere; eine Ausstellung in der New Yorker MET steht an und er steht unter dem Druck, in Kürze 12 Bilder abliefern zu müssen, doch er steckt mittendrin in einer Schaffenskrise, geplagt von Selbstzweifeln und Gefühl der Leere.

Denn auch seine Ehe mit Rahel, die seinen Ruhm  und seinen Marktwert befördert, die die Schauplätze für die Gesellschaftsspiele bereitet, indem sie Partys organisiert und ein Beziehungsnetz aufbaut, ist längst nicht mehr in Ordnung. Sie ist nur wer durch seinen Ruhm,  letzlich selber voller Minderwertigkeitsgefühl, orientiert nur am Marktwert,  so sie sucht  das Gefühl von Nähe in Affären. Leo kann ihr Gesicht einfach nicht mehr malen, weil ihm eben diese Nähe auch fehlt.

Er trifft wieder auf seine ehemalige Freundin Ebba, die ihn als Einzige versteht, er sucht eine Fortsetzung ihrer gemeinsamen Tage, doch läßt sich diese Beziehung nicht wieder aufnehmen.

Unter der Fassade all des Treibens im Betrieb von Kunst und Kommerz lauern Oberflächlichkeit und Einsamkeit, aber dennoch - und das ist das Tragische - kann Leo sich dem ganzen Spiel nicht entziehen, denn er lebt auch davon, er will malen, aber er will auch den Erfolg. "Ich kann mir gar nicht mehr vorstellen, was das für ein Gefühl war , zu malen, ohne Erfolg zu haben", sagt er zu Ebba, aber er muß auch "gehorchen", damit das Geld fließt. "Ich will nicht irgendwelche Aufträge und Ausstellungen abarbeiten, aber ich will auch nicht auf den Erfolg verzichten". Das ist sein Dilemma, das sich in seinen Augen auch in seinen Bilder niederschlägt. Das Ende ist wohl unausweichlich.

Die Sprache ist sehr dicht und detailreich, man sieht das ganze Interieur wie ein Gemälde vor sich; dennoch ist gerade diese Präzision eher nüchtern und eine gewisse Kälte durchzieht diese Sprache, außer vielleicht in den Szenen, wo er seine Verzweiflung Ebba gegnüber zum Ausdruck bringen kann. Insgesamt spiegelt die Sprache eben diesen Zustand der Gesellschaftspiele wider, was den Roman so reizvoll macht für mich. Es bleibt eine gewisse Leere zurück, auch kaum ein Satz, der mich anrührt und den ich mir merken möchte, aber das paßt letztlich zum Inhalt. Insofern sehr interessant komponiert.