Wo blieb die Gesellschaft?

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In Ihrem Buch „Gesellschaftsspiele“ beschreibt Louise Jacobs ungefähr das letzte halbe Jahr im Leben des weltbekannten Malers Leo Becker. Als Prolog steht dabei die Beerdigung des knapp 40-Jährigen. Leo Becker hatte als einer der wenigen lebenden Künstler die Ehre einer Ausstellung von 12 seiner Bilder im Metropolitan Museum in New York. Der Druck dieser Auftragsarbeit und die nachfolgende Leere werden in 250 Seiten des Buches aus seiner Sicht, aus der seiner Ehefrau Rahel und der Sicht seiner Exfreundin Ebba geschildert.


 

Laut Klappentext und Titel des Buches geht es in „Gesellschaftsspiele“ um das Leben eines Künstlers und darum, was die Gesellschaft aus ihm macht. Die Autorin hatte sich zur Recherche-Arbeit ein Jahr in die Kunstszene zurückgezogen. Diese gesammelten Hintergrundinformationen zeigen sich in detaillierten Beschreibungen der erwähnten Kunstwerke und Bilder und sind zwar angenehm, aber auch meiner Meinung nach bisweilen etwas zu dick aufgetragen. Inwiefern es auch in diesem Buch wirklich um die Spiele geht, die die Kunstszene mit ihren Künstlern treibt, das wurde mir bis zum Schluss leider nicht klar.


 

Für mich bleibt das Buch ein einfacher Beziehungsroman mit drei Hauptpersonen, von denen mindestens zwei, nämlich Leo und Rahel, voller Selbstmitleid dahinleben, unfähig miteinander zu reden. Ebba scheint sich nach einigen Tiefs selbst gefunden zu haben und bleibt auf eigenen Füßen stehen. Sie bildet für mich das Highlight, da in ihren Szenen zumindest die Möglichkeit des selbstständigen Handelns gezeigt wird. Leo und Rahel langweilten mich beim Lesen, wie sie wahrscheinlich sich selbst auch langweilten. Dass Leo Maler ist, ist meiner Meinung nach dabei größtenteils unwichtig.


 

Sämtliche andere Personen des Buches tauchen wie Dekoration im Hintergrund auf und gehen wieder. Die Beschreibungen der Charaktere bleiben dabei oberflächlich, wahrscheinlich waren sie eh nur Füllmaterial?


 

Viel Mühe gab die Autorin sich bei detaillierten Darstellungen seltsam ekliger Träume und unter Drogen gemachter Einflüsse. Der Sinn dieser Details hat sich mir leider nicht erschlossen, und ich hoffe nur, dass die Autorin dafür nicht auch intensiv recherchiert hat.


 

Insgesamt drängt sich mir leider das Gefühl auf, dass Louise Jacobs ein Buch mit einer schönen Fassade geschrieben hat, aber wenn man dahinter schaut, war vielleicht auch dieses Werk, ähnlich Leos Bild „Die Bar“, aus welchem Grund auch immer einfach noch nicht vollendet. Schade.