Frl. Krise und ihr Schulalltag

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biene2004 Avatar

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Frl. Krise liebt ihren Job! Die seit mehr als 40 Jahren im Beruf stehende Lehrerin an einer sogenannten Brennpunktschule mit Migrationshintergrund erzählt witzig und gleichzeitig auch schockierend von Situationen rund um ihre Schulklasse. An manchen Stellen wie z. B., als es um das Berufspraktikum geht oder aber, als Herr Sarrazin ins Spiel kommt, konnte ich nur entsetzt mit dem Kopf schütteln. Oft war ich einfach nur baff und bestürzt über die dargestellte Kommunikation unter den Schülern, manche Textpassagen haben mir allerdings auch ganz ehrlich gesagt ein dickes Grinsen ins Gesicht gezaubert. Aussagen, die nicht untermauert werden von einem lautstarken "Vallah", "Abo" oder "Tschüüüsch" gibt es glaube ich gar nicht oder wenn doch, dann höchstens bei Gesprächen der Lehrer untereinander. Manchmal war ich auch total geschockt über die dargestellte Unwissenheit, über die üblichen und hier wohl normalen Ausdrucksweisen und einfach auch über die Tatsache, die hier mehrere Male angedeutet wird: nämlich, dass Frl. Krises Schulklasse zeitweise unbeschulbar war aufgrund des sozialen oder vielmehr des unsozialen Verhaltens untereinander.
Ich denke, dieses Thema Schule bzw. Brennpunktschule ist in unserer heutigen Gesellschaft sehr aktuell und sollte deshalb unbedingt angesprochen und noch mehr publik gemacht werden - dieses mit Hilfe eines Buches zu wagen, finde ich klasse und mehr als mutig! Hut ab!!
Doch nachdem ich das Buch zu Ende gelesen hatte, blieb von meinem eingangs beschriebenen Grinsen nicht mehr allzu viel übrig! Die überwiegend erschreckenden Ausführungen von Frl. Krises Schulalltag lassen mich ganz ehrlich daran zweifeln, dass die Kinder dieser sogenannten Brennpunktschulen tatsächlich irgendwann halbwegs in der Lage sind, ins "richtige Leben" entlassen zu werden. Was soll aus ihnen werden? Die wenigsten werden hier wohl noch die Kurve bekommen und ihr Leben tatsächlich erfolgreich meistern können. Und wie auch schon in dem Buch beschrieben, läßt die nächste Generation Schüler nicht allzu lange auf sich warten. Man oh man, wenn man sich diese Fakten vor Augen hält, erkennt man recht schnell, wie schlimm diese Situation in Wirklichkeit ist. Dieses Buch regt sehr zum Nachdenken an und ich denke, dass genau ist auch der Sinn der Sache. Wenn wir Eltern und auch später die Lehrer unsere Kinder nicht ausreichend fördern, dann lesen wir von solchen Schicksalen wie von Fuat, Azzize, Aynur, Emre usw.
Der Schreibstil dieses Buches ist locker und leicht verständlich, die einzelnen Kapitel sind recht kurz gehalten und von daher auch mehr als übersichtlich. Die zwischendurch immer mal wieder etwas anderen Kapitel in abweichender Schriftform, die eigentlich auch eher von Frl. Krises Werdegang berichten, haben mir persönlich nicht so gut gefallen. Hier hat sich mir der Sinn dieser Abschnitte auch noch nicht so ganz erschlossen, aber vielleicht bin ich auch einfach nur zu geschockt von den ganzen Ausführungen. Das Cover ist gut gewählt, es paßt wie die Faust aufs Auge zum Buch selber.
Ich bin mir recht unschlüssig, wieviele Sterne ist jetzt hier vergeben möchte. Inhaltlich ist die "Ghetto-Oma" nicht wirklich anspuchsvoll, aber dessen war ich mir ja eigentlich von Anfang an bewußt! Geschrieben ist es lässig und leger, ich hatte es innerhalb kürzester Zeit ausgelesen. Das hat Frl. Krise im Großen und Ganzen eigentlich recht gut hinbekommen. Schade, dass ich keine halben Sterne vergeben kann, dann wären es nämlich 3,5 gewesen. So entscheide ich mich dann für 3 Sterne, denn 4 verdient dieses Buch ganz einfach nicht!!