Wichtig, poetisch, musikalisch

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Der Titel ist, wenn man den Autor nicht kennt, nicht aussagekräftig. Was »Gleißendes Licht« ist, ist klar, doch führt es auf den ersten Blick nicht zum Inhalt des Romans. Der wird erst auf den zweiten Blick verständlich.

Der Autor Marc Sinan ist eigentlich Komponist und Gitarrist. Zu seinem Werk zählt unter anderem das Oratorium »Gleißendes Licht«, und der Roman ist gewissermaßen die romanhafte, autobiographische Ausschreibung des Autors mit türkisch-armenischen und deutschen Wurzeln.

Marc Sinan nimmt uns mit auf eine Reise durch drei Generationen umspannenden Episoden seiner Familie vom Ersten Weltkrieg über den Zweiten Weltkrieg bis in die unmittelbare Zukunft.

Dabei geht es um Schuld und Unschuld, Jugend und Alter, Familie und Einsamkeit, Verständnis und Unverständnis, und über allem steht die Frage nach der eigenen Identität.

Marc Sinan stellt sich die Frage: Wer bin ich? Ein Deutscher, der den Genozid an den Armeniern toleriert hat? Ein Türke, der es nicht Genozid nennen will? Oder ein Armenier, der Rache üben will?

Der Roman umkreist den Genozid an den Armeniern im Jahr 1915, streift ihn ab und zu, beschreibt ihn aber nicht. Wie soll man die Gräuel auch in Worte fassen? Das versucht Marc Sinan gar nicht erst. Dafür ist er zu sehr Musiker. Seine Sprache ist poetisch, musikalisch und insbesondere bei der Episode, in der der russische Präsident mit dem türkischen Präsidenten ein Eis isst, zuweilen komisch.

Fazit: Der Roman lebt von Zeitsprüngen, Andeutungen und musikalischer Poesie. Der Genozid an den Armeniern kommt weniger zur Sprache als ich dachte. Zum Schluss wird es ein wenig grotesk und martialisch. Deshalb ein Stern Abzug. Im Ganzen aber lohnens- und lesenswert.