Auf der Suche nach dem verschollenen Onkel

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miltonia 01 Avatar

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Der Einstieg in das Buch ist mir nicht ganz leichtgefallen, denn dort beschreibt die Autorin erst einmal ihr Leben mit ihrem Mann in Schweden und das liest sich sehr liebe- und sorgenvoll. Der Sprung in ihre Familiengeschichte, die sich allerdings hauptsächlich um den verschwundenen Onkel Bruno dreht, ist dann ziemlich überraschend und nicht ganz einfach nachzuvollziehen, zumal die Autorin am Leben ihrer eigenen Mutter offenbar recht wenig Interesse gezeigt hat.

Durch Zufall kommt Astrid Seeberger zu der Erkenntnis, dass der angeblich im 2. Weltkrieg verschollene Onkel Bruno, ein Bruder ihrer Mutter, den Krieg doch überlebt hat und Spuren führen rätselhafterweise nach Rumänien.

Auf der Suche nach Bekannten oder Weggefährten von Bruno lernt man ganz furchtbare Schicksale fremder Menschen kennen, die irgendwann Bruno begegnet sind. Zum Beispiel das Leben von Dmitri/ Hannes, der das Pech hatte, zu stalinistischen Zeiten mit einer deutschen Mutter in Russland zu leben und deswegen schon als Kind in grausame Lager gesteckt wurde. Es ist nahezu ein Wunder, dass er diese Zeit überhaupt überlebt hat, aber wiederum kein Wunder, dass ein völlig verstörter und zu normalen zwischenmenschlichen Beziehungen kaum fähiger Mensch aus ihm geworden ist. Dieses Schicksal hat mich sehr berührt.

In einem dieser Lager ist Dmitri auf Bruno und den Rumänen Dinu getroffen und die 3 haben sich dort Hilfe, Trost und Kraft gegeben, um diese Zeit zu überstehen. Mit Dinu zieht Bruno nach seiner Lagerentlassung nach Bukarest und dort beginnt eine dramatische Dreiecksbeziehung, aber auch die Beschreibung des dortigen Alltagslebens ist sehr ergreifend. Man spürt und sieht, wie der rumänische Staat immer mehr in die Leben seiner Bürger eingreift, diese einengt und drangsaliert. Bis hin zur großen Katastrophe …

Und so führt die Suche nach Bruno den Leser über den halben europäischen Kontinent und man sieht wieder, wie Kriege, Ideologien und Terrorstaaten riesiges Leid im Leben einfacher Menschen anrichten und wie sich trotz allem immer wieder kleine private Glücksnischen finden lassen, die dann das Überleben ermöglichen.

Ein Buch, das mir sehr gut gefallen hat, dafür 4 Sterne.