Eine bewegende Familiengeschichte

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Es gibt immer wieder Bücher, die sich abheben von der Flut an Neuauflagen. Das Buch von Astrid Seeberger ist so ein besonderes Buch. Sie beschreibt in diesem Buch einen Teil ihrer Familiengeschichte so eindringlich und bewegend, es hat mich zutiefest berührt und wird noch lange nachwirken.

Astrid, die als Ich-Erzählerin ihre Geschichte selbst erzählt, beginnt die Suche nach ihrem Onkel Bruno mehr als 60 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg. Ihre Mutter hatte ihr erzählt, Bruno sei in Stalingrad gefallen, was jedoch nicht der Wahrheit entsprach. Hierzu findet Astrid Unterlagen im Nachlaß ihrer Mutter, nachdem diese 2007 verstorben ist.

Die Suche nach Bruno gestaltet sich sehr schwierig, da Zeitzeugen zum großen Teil nicht mehr leben. Nur Hannes Grünhoff - der sich zu der fraglichen Zeit Dmitri nannte - weiß über den Verbleib von Bruno zu berichten. Bruno, Hannes und Dinu haben sich in einem russischen Strafgefangenenlager kennengelernt und Astrid Seeberger läßt in ihrem Buch alle drei ihre Geschichte erzählen. Grauenvolle Verhältnisse, Schikanen und Schwerstarbeit prägten ihren Alltag. Wahrscheinlich haben die drei diese Folter nur durch ihre Freundschaft überstanden.

Obwohl viel geschrieben wurde über die Verhältnisse in russischen Gefangenenlagern haben mich die Schilderungen in diesem Buch zutiefst betroffen gemacht, vielleicht auch deshalb, weil es sich um reale Personen handelte, die man im Laufe des Buches kennenlernte und denen man sich in besonderer Weise verbunden fühlt.

Besonders tragisch ist, daß Bruno und Astrid sich schon früh aus den Augen verloren haben. Beide haben früh ihr Elternhaus verlassen, Astrid wegen der Mutter und Bruno wegen des Vaters. Ich kann gut verstehen, daß Astrid sich auf die Suche nach Bruno machte, nachdem sie wußte, daß er Stalingrad überlebt hatte.

Daß er nach der Entlassung aus der Gefangenschaft mit Dinu nach Bukarest reiste und dort erneut eine Schreckensherrschaft unter Ceausescu erleben mußte, ist eine weitere Tragik in seinem Leben.

Dieses Buch ist ein wichtiges Buch, erzählt es doch von den grausamen Verhältnissen und den Diktatoren Stalin in Russland und Ceausescu in Rumänien, in denen die Menschen dort in Angst und Schrecken lebten und jederzeit mit einer Verhaftung rechnen mußten. Diese Zeiten dürfen nie in Vergessenheit geraten.

Mit viel Empathie hat Astrid Seeberger die Suche nach ihrem Onkel Bruno beschrieben. Ich finde, daß dies ein wichtiges Buch gegen das Vergessen ist. Es sollte große Beachtung finden.

Anmerkung:

Leider erfährt man in diesem Buch nichts über die Familienverhältnisse von Astrid Seeberger. Warum sie z. B. mit 17 Jahren von zu Hause wegging. Ich habe ein wenig recherchiert und herausgefunden daß es ein früheres Buch "Nächstes Jahr in Berlin" gibt, das Aufklärung gibt und das "Lech" gewidmet ist, mit dem der zweite Band beginnt, obwohl man zunächst nichts von ihm weiß.