Haltet euch bloß nicht fern aus "Hazel Wood"

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chrissey22 Avatar

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Inhalt:
Geh hin, wo alles beginnt … Hazel Wood zieht alle in seinen Bann.
Seit Alice denken kann, wird sie vom Unheil verfolgt. Dann stirbt ihre Großmutter, die mysteriöse Märchenerzählerin Althea Proserpine, und kurz darauf verschwindet Alices Mutter spurlos. Zurück bleiben die Worte „Halt dich fern von Hazel Wood”. Alice spürt, dass sie ihre Mutter erst wiedersehen wird, wenn sie an den Anfang ihrer eigenen Geschichte geht. Schritt für Schritt entdeckt sie eine unheimliche Wahrheit. Um endlich frei zu sein, bleibt Alice nur eine Wahl: Sie muss nach Hazel Wood … Dorthin, wo alles beginnt.
Ein Roman wie ein Rausch: Herausragender, international gefeierter All-Ager mit absoluter Sogwirkung, düsteren Märchenelementen, eingebettet in das urbane Setting New Yorks.

Erster Eindruck:
Als ich das schimmernde, glitzernde Cover sah, hatte ich bereits im Gefühl, dass dieses Buch etwas Besonderes sein würde. Hazel Wood – Wo alles besticht durch die vielen perfekt akzentuierten Blautöne und einen märchenhaften Blätterwald, der das ganze Cover verschlingt. Besonderer Bonus für mich – der deutsche Verlag hat das originale Cover behalten. Den Untertitel finde ich persönlich nicht so passend. Der Originaltitel „Into the Hazel Wood“ passt wesentlich besser. Wieso? Nun, weil rein nach meinem Lesegefühl ist Hazel Wood nicht der Ort, wo alles beginnt, sondern der Ort wo alles endet. Aber abgesehen, von dieser kleinen „Differenz“ war mein erster Eindruck von Hazel Wood wirklich klasse. Der Klappentext hat mich glauben lassen, bei diesem Buch würde es sich um eine „Alice im Wunderland Adaption“ handeln…. Wie falsch ich doch lag!

Schreibstil:
Melissa Alberts Art mit Worten umzugehen ist nüchterner, abgeklärter, distanzierter als es viele andere Jugendbuchautoren in der heutigen Zeit handhaben. Ihre Beschreibungen vermitteln oftmals ein eher tristes, farbloses Bild im Kopf des Lesers. Ihre Worte bilden keine lebhaften Bilder, vielmehr erschaffen sie ein gewisses (beklemmendes) Gefühl beim Leser.
„Silberne Bäume. Sie sahen aus wie Billigschmuck auf Steroiden.“ (S.224)
Melissa Albert schreibt einfach anders. Die Art wie sie die Buchwelt beschreibt wirkt absurd, gleichzeitig aber regt sie zum Denken an. Die Wortwahl der Autorin vermag oftmals nicht zu passen, vielfach vergleicht sie leblose Dinge, mit wahrhaft Lebendigen und dennoch hatte ich nicht einmal das Gefühl, ihr nicht folgen zu können. Allein die vermeintliche Absurdität ihrer Worte war ein Abenteuer für sich. Ein Parallelabenteuer neben dem der Protagonistin Alice.
Für mich war das Bild, dass sie von Alice, Finch, Ella und Althea gezeichnet hat eines, dass nicht gekünstelt gewirkt hat. Keine „Superhelden-Prinzessin“ mit schillernd-blondem Haar auf der Suche nach „Prinz-Charming“. Die Art und Weise wie die Autorin dies vermittelt hat, sucht seines gleichen. Was vielen unsympathisch war, dass war für mich faszinierend erfrischend. Die Worte von Frau Albert kreieren etwas, dass in 80% aller Jugendbücher dieser Zeit fehlt – Authentizität und Ideenreichtum. Allein dafür, hat sie schon ein riesiges Lob verdient.

Inhalt:
Die Idee des Buches war für mich ein wahrer Glücksgriff. Hatte ich doch zuvor eine mehr oder weniger klassische „Alice im Wunderland“ Adaption erwartet (mittlerweile frage ich mich tatsächlich wieso eigentlich, denn eigentlich gibt der KT dazu keinen wirklich Grund), wurde ich doch mit einer eigenen, frischen, andersartigen Geschichte überrascht!
Wir begeben und mit Alice durch die Straßen New Yorks und merken schnell, dass Alice ein junges Mädchen der eher zynischen Sorte ist. Ihre Gedanken triefen vor dunklen, sarkastischen Gedanken, die so dick und zähflüssig wie Sirup durch ihren Kopf fließen. Alice ist keine dieser weichgespülten, hübsch frisierten Teenie-Figuren, die sich bei der erst-besten Gelegenheit im Buch verknallen und dann nur noch wie ein bescheuertes Honigkuchenpferd vor sich her grinsen. Alice Gedanken sind düster und das hat mir gefallen.
Das ganze Buch handelt von einer zutiefst zerrütteten, eigenartigen Familiengeschichte rund um Ellas Großmutter – Althea Proserpine, die in jungen Jahren „Die Märchen aus dem Hinterland“ schrieb. Ein Märchenbuch mit 12 düster-dunklen Kurzgeschichten. Doch Alice bekommt diese Geschichten all die Jahre nie zu Gesicht, denn ihre Mutter Ella und ihre Großmutter trennt ein tiefsitzender Zwist. Als Althea stirbt, hinterlässt sie einen Brief, in dem sie ihr ominöses Anwesen „Hazel Wood“ vererbt und mit diesem Brief beginnen auch die Probleme in Alice Leben.
Der Klappentext verrät zurecht, dass ihre Mum nach dem Tod verschwindet und sie sich auf die Suche nach ihr macht. Gemeinsam mit ihrem eher flüchtig bekannten Schulfreund Finch (den ich übrigens als Figur echt klasse fand!), geistert sie durch die Straßen New Yorks. Was ihr auf ihrem Streifzug allerdings begegnet – damit hätte ich nicht gerechnet! Mit keinem Worte erwähnt der Klappentext den eigentlich Inhalt des Buches! „unheimliche Wahrheit“, beschreibt nicht annähernd, was auf den Leser zukommt. Es nicht eine wirklich geniale Umsetzung, einer tollen Idee, die ich wirklich nicht erwartet hätte.
Ist man erst einmal von Althea Proserpines düsterer Märchenwelt angekommen, will man sie gar nicht mehr verlassen. Die völlig neuen Märchenelemente, gepaart mit dem ungewöhnlich nüchternen Schreibstil, verpasst „Hazel Wood“ eine ganz eigene Stimmung. Man mag sie mögen oder nicht,- aber keiner kann an dieser Stelle wahrhaft leugnen, dass die Worte, die die Autorin wählt außergewöhnlich sind. Ob nun außergewöhnlich genial, oder nicht – dass muss letztlich jeder selbst entscheiden.
Fazit:
Hazel Wood war eine absolut positive Überraschung! Ich habe etwas völlig anderes erwartet und wurde sowas von vom eigenständigen, kreativen und stimmungsvollen Inhalt überwältigt.
Die Reise mit Alice und Finch war aufregend, atemberaubend, beklemmend aber ich habe sie zu keiner Zeit, auf keiner einzigen Seite bereut.
Wer es etwas dunkler mag und sich nicht vor Buchfiguren scheut, die keine „Strahlemänner“ sind, sondern ihre Ecken und Kanten haben – darf hier guten Gewissens zugreifen. Alle anderen, werden sich mit dieser besonderen Art von Alice und vielen anderen Figuren im Buch vermutlich nicht anfreunden können.