Krimineller Headhunter mit Napoleon-Syndrom

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philipp.elph Avatar

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Jo Nesbø: Headhunter

 

Intelligente Zeitgenossen verwenden ihre kriminelle Energie dazu, perfide Mordmethoden auszutüfteln und umzusetzen. Das ist oftmals die Basis Nesbø'scher Thriller.

 

In diesem Fall scheint es anders zu sein: Ein erfolgreicher und in Wirtschaftskreisen anerkannter Headhunter bestiehlt und ruiniert seine Kandidaten. Ob es dabei auch zu Morden kommt, geht aus der Leseprobe nicht hervor.

 

In den ersten Kapiteln des Thrillers erfahren wir von Roger Brown, eben diesem Headhunter, dessen Selbsteinschätzung, erhalten einen Einblick in seine Psyche und in die Methoden bei der Durchführung von Interviews.

 

Das Gespräch mit den Kandidaten wird dabei von ihm wie ein FBI-Verhör geführt. Grundlage ist hierbei die Reid-Methode, die von in diesem Buch als Befragungsmodell von Inbaud, Reid und Buckley zitiert wird. Zwar schreibt sich Inbaud in Wirklichkeit Inbau, der dichterischen Freiheit Nesbøs sei diese Namensänderung jedoch verziehen.

In den Interviews dieser Art erfährt Brown jedenfalls alles Wissenswerte über die familiären Verhältnisse des Bewerbers und dessen Vermögen bezüglich Kunstwerken und dessen Schutzeinrichtungen vor Diebstahl.

Roger Brown übt in den Gesprächen Druck aus, manipuliert, ist boshaft und lügt. Fürsorglichkeit, Ehrlichkeit und Empathie fehlen dem Headhunter gänzlich und ihm fehlt es auch an körperlicher Größe. Das erklärt sicherlich das Napoleon-Syndrom unter dem der Headhunter, der sich als der Größte und Beste vorkommt, leidet, es zuweilen sogar genießt.

Der Headhunter ist ein skrupelloses Charakterschwein. Ich behaupte, er ist eines der größten Charakterschweine, die ich je in der Thriller-Literatur kennen gelernt habe. Ich bin begeistert von Roger Brown!