Familiendrama mit politischer Brisanz

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Sarah Höflich baut in ihrem Debütroman "Heimatsterben" einen Familienroman auf, der schnell zum Politthriller wird.

Hanna Ahrens, seit Jahen in den USA lebend, erfährt, dass ihre Oma Tilde im Sterben liegt. Auf dem Sterbebett nimmt sie Hanna das Versprechen ab, dass diese auf ihre Schwester Trixie aufpasst. Deren Mann, Felix Graf von Altdorff, ist Kanzlerkandidat einer rechtskonservativen Partei und vertritt dabei Werte, die zumindest der eine Teil der Familie Ahrens sehr unterstützenswert findet. Der andere Familienteil ist eher entsetzt.
Zu aller Überraschung gewinnt Felix die Wahl und bittet die eigentlich liberal und pro-europäisch eingestellte Hanna, ihn bei seiner politischen Arbeit zu unterstützen. Bald stellt sich allerdings heraus, dass nicht alle Mitglieder seiner Partei "nur" wertekonservativ sind, sondern deutlich rechts gerichteter und aggressiver als es den Anschein hatte. Inklusive eigener Familienmitglieder.
Nach und nach entspannt sich ein echter Interessenkonflikt: Wie stark ist die Loyalität zur eigenen Familie, wenn diese politisch entgleist?

Gut gefallen hat mir, dass Sarah Höflich ein - leider - realistisches politisches Bild zeichnet. Obwohl die Geschichte fiktiv ist und die Handlung ein bisschen in die Zukunft, ins Jahr 2023, verlegt wurde, weist sie doch erschreckend viele Bezüge zur aktuellen politischen Situation auf. Sarah Höflich macht deutlich, wie schnell der Wahlerfolg einer rechts-konservativen Partei, die sich nach außen den Anschein einer demokratischen Partei gibt und mit einer kraftvollen, sogar symphatischen Führungsfigur aufweist, dazu führen kann, dass Grundrechte nicht mehr gelten. Und sie verdeutlicht, dass die Führungsfigur manchmal nicht mehr ist als die Marionette ihrer Basismitglieder.

Hätte sie sich auf die weitere Ausgestaltung dieses Erzählstrangs konzentriert, hätte das Buch von mir volle fünf Sterne erhalten.
Einen Punkt Abzug gibt es von mir, da die meisten Figuren in dem Familiendrama eher blass bleiben. Es werden Nebenschauplätze und Hintergrunderzählungen aufgemacht, die nur angerissen werden und die nicht dazu beitragen, dass sie die Figuren "greifbarer" machen.
Vielleicht ist das Frau Höflichs Arbeit als Drehbuchautorin geschuldet und die Figuren würden in einer Verfilmung mehr Tiefe erlangen. Für einen Familienroman fehlte mir diese Tiefe aber leider.