Der Alltag, der die Beziehung killt

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julyme Avatar

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Das Buch beginnt direkt mittendrin im Alltagsleben der Familie. Leider nehmen die Schilderungen von Alltäglichkeiten sehr viel Raum ein. Natürlich baut der Plot genau darauf auf: dass aufgrund ebendieser Banalitäten die Beziehung leidet - aber hier hätte vielleicht weniger Ausführlichkeit und dafür mehr Emotion besser getan...
Anfangs konnte ich mich noch sehr gut einfühlen: Stress, Hektik, Alltagsprobleme... Im Verlauf des Buches konnte ich mich in die Protagonisten jedoch immer weniger hineinversetzen und ertappte mich zunehmend dabei zu denken "Wie können zwei erwachsene Menschen eigentlich so dämlich sein?". Ich hatte mehrfach das Bedürfnis, die zwei wie kleine Kinder in einen Raum zu sperren "So, ihr dürft erst wieder raus, wenn ihr das geklärt habt!". Natürlich ist es schwierig, aufeinander zuzugehen, wenn Konflikte schon so lange schwelen. Aber die zwei sind so gänzlich überhaupt nicht in der Lage miteinander zu reden, dass es schon schwer nachvollziehbar ist. Selbst akute Reibereien werden totgeschwiegen oder einer verlässt die Situation, anstatt mal klare Worte zu verlieren. Das hat mich durchs ganze Buch hinweg ziemlich aufgeregt, weil ich dafür absolut Null Verständnis hatte - mehrfach!
Aber leider leider leider sind diese Schilderungen absolut nicht unrealistisch - mir selbst fallen auf Anhieb Paare ein, die genauso handeln. Wer kennt sie nicht? Die Paare, deren Beziehung in Trümmern liegt, die es aber für eine geniale Idee halten, genau DANN ein Haus zu bauen, ein Baby zu machen, einen Hund zu kaufen... Reihenfolge beliebig austauschbar... Die sich dann aber wundern, wenn der WorstCase eintritt... wie auch (fast) im Buch...
Insgesamt eher leichte Lektüre, flüssig zu lesen, nur das Gleichgewicht fehlte mir etwas: das doch emotionale und schön geschriebene Ende wurde mir zu schnell abgekanzelt, wobei das Alltagsleben einen umfangreichen Teil im Buch eingenommen hat. Auch der Yogalehrer ist mir ein bisschen zu blass geblieben. Warum er?
Trotzdem vermittelt das Buch eine wichtige Botschaft: man kann überhaupt nicht zu viel miteinander reden - im Gegenteil! Und man kann sich auch nicht oft genug hinterfragen: "Bist du glücklich?" Wenn nein, änder´ das!