Du hast sie nicht verdient!

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zoe2018 Avatar

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Um es gleich vorwegzunehmen, das Buch ist echt der Hammer! Worum geht es?

„Heimweh“ startet mit einem krassen Prolog: Als Jesse 13 Jahre alt ist, wird er lebendig begraben. Er überlebt nur knapp, verliert aber sein Gedächtnis - und somit seine Kindheit. Unfall oder Mord?

32 Jahre später: Jesse ist in Berlin als Kinderarzt tätig und lebt getrennt von seiner Frau Sandra. Sie haben eine gemeinsame Tochter, Isabelle. Eines Tages wird Sandra ermordet und Isa entführt. Handelt es sich um einen Racheakt? Denn der Täter hat für Jesse eine geheimnisvolle Nachricht hinterlassen: „Du hast sie nicht verdient!“

Schnell ist klar, dass die Lösung in der Vergangenheit liegen muss und so begibt sich Jesse auf eine gefährliche Suche im Adlershof, einem Kinderheim in Garmisch-Partenkirchen, in dem er und Sandra aufgewachsen sind. Unerwartete Unterstützung bekommt Jesse von Jule, der besten Freundin seiner Frau.

Zur gleichen Zeit, erhält Artur Messner, der frühere Leiter des Heims, ein Paket mit einer menschlichen Hand. Sie gehörte seinem Jugendfreund Wilbert. Was haben beide Handlungsstränge miteinander zu tun?

Kann Jesse seine Tochter rechtzeitig retten? Was ist damals wirklich geschehen? Als auch Artur spurlos verschwindet, muss Jesse erkennen, dass der Täter eigentlich ihn im Visier hat. Eine atemlose Jagd beginnt...

Marc Raabe hat nach seinen Bestsellern „Schnitt“ und „Schock“ mit „Heimweh“ erneut eine sehr komplexe und wirklich spannende Geschichte über die dunkle, abgründige Seite der Menschen geschrieben. Eine Geschichte mit vielen überraschenden Wendungen, denn nichts ist wie es scheint, bis zum furiosen Showdown.

Zwischendrin werden immer wieder Rückblenden in die Vergangenheit eingestreut. Die in Kursivschrift gehaltenen Kapitel aus den späten 70er und frühen 80er Jahren sind grausam und beklemmend. Gekonnt springt der Autor durch Zeit und Raum. Kurze Kapitel, viele Ortswechsel und schnelle Schnitte, sorgen für Dynamik. Auch wenn der Leser Jesse immer einen Schritt voraus ist, wird dennoch Spannung aufgebaut.

Mich hat „Heimweh“ ein wenig an „Schnitt“ erinnert, denn auch Jesse kämpft gegen die Dämonen seiner Vergangenheit. Das traumatische Erlebnis in seiner Jugend führte zu einer fokalen retrograden Amnesie. Und dennoch ist „Heimweh“ auch wieder ganz anders. Neben einem tollen Setting, so kommt Adlershof wie ein altes, englisches Spukschloss daher, sind die Interaktionen der jugendlichen Heiminsassen und die ganze Atmosphäre, im dicksten Winter bei Kälte, Eis und Schnee, hervorragend gelungen.

Dass der Autor im Finale nochmal richtig Gas gibt, steigert das Lesevergnügen. Denn einige Überraschungen hält Marc Raabe für seine Leser noch bereit. Erst ganz am Ende schließt sich dann der Kreis, Vergangenheit und Gegenwart laufen zusammen. Die Auflösung ist überraschend und absolut stimmig.

Fazit: Psychologisch raffinierterer Thriller mit einem intensiven Spannungsbogen und einem überraschenden Ende. Starker Stoff. So muss Thriller!