Nicht für schwache Gemüter zu empfehlen!

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Mit „Hemmersmoor“, seinem zweiten Roman, legt der deutsche Autor Stefan Kiesbye einen gesellschaftskritischen Schauerroman vor, der den Leser im ersten Schritt entsetzt, nach Schließen des Buchdeckels jedoch zum intensiven Nachdenken anregt.

 

Der Roman bietet das, was das geheimnisvolle, wunderbar gestaltete Cover verspricht: Grusel, dunkle Geheimnisse, Entsetzen. Der Leser begleitet die Freunde Martin, Christian, Anke und Linde während ihrer Jugend und Kindheit in Hemmersmoor, einem kleinen Dorf in Norddeutschland, dessen Rolle aber genauso gut jedes andere Dorf in Deutschland einnehmen könnte. Abwechselnd nimmt der Leser aus den Perspektiven der Jugendlichen am Geschehen in Hemmersmoor teil und wird dabei Zeuge diverser menschlicher Abgründe und Verbrechen, die mich in Teilen an der Integrität der menschlichen Seele zweifeln ließen.

 

Die etwas über 200 Seiten sind dank der klar strukturierten Sprache und eines einfachen Stils schnell zu lesen. Darüber hinaus bietet der Autor von Kapitel zu Kapitel eine Steigerung an Grausamkeiten und Verbrechen, die nicht zwangsläufig hätte sein müssen, dem Lesefluss und der Befriedigung der Neugier des Lesers jedoch sehr zugute kommt. Leider sind für meinen Geschmack die vier unterschiedlichen Erzählperspektiven nicht detailliert genug herausgearbeitet, ein wirklicher Wechsel der Charaktere wird nicht deutlich, eine Person liest sich wie die andere. Auch bezweifle ich, dass eine derart massive Steigerung der Verbrechen und Gräueltaten notwendig ist, um das Bewusstsein des Lesers zu erreichen. Weniger wäre da m. E. mehr gewesen. 

 

Alles in allem präsentiert der Autor dem Leser eine Ansammlung von begangenen Verbrechen, die endlos steigerbar sind, lässt aber offen, ob die Täter jemals zur Rechenschaft gezogen wurden oder die dörfliche Idylle dies nicht zulässt und somit den Einzelnen sogar noch anstachelt, bis möglicherweise grausame, menschenverachtende Taten zum Alltagsgeschäft werden. Der Roman hat sicherlich zum Nachdenken angeregt, letztendlich fühle ich mich als Leserin jedoch vom Autor hinsichtlich seiner Intention zu sehr alleine gelassen. 

 

Fazit: Obwohl der Roman mir ein kurzweiliges Lesevergnügen beschert hat, lässt er mich aufgrund vieler offener Fragen sowie der für mich nicht deutlich zu erkennenden Intention des Autors unbefriedigt zurück.