Eine Suche nach dem Geheimnis der Herkunft

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girdie Avatar

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„Hier könnte ich zur Welt kommen“ von Marjorie Celona ist als Hardcover mit Schutzumschlag im Insel Verlag erschienen und umfasst 346 Seiten mit einem kurzen Prolog zum Buchstaben Y als Akronym für das englische Wort Why der den Originaltitel des Buchs darstellt und 26 bezifferten Kapiteln die drei Buchteilen zugeordnet sind. Der Titel bezieht sich darauf, dass die Protagonistin Shannon in einem Krankenhaus hätte zur Welt kommen können, wenn ihre Mutter nicht anders entschieden hätte. In diesem Roman wird nicht nur das Aufwachsen der vor einem YMCA-Gebäude ausgesetzten Shannon geschildert, sondern auch das Leben ihrer Mutter erzählt. Shannon ist eine unruhige Persönlichkeit, die auch nachts schlecht ihre Ruhe findet. Vielleicht liegt es daran, dass sie nicht weiß, wer ihre Eltern sind und sie deswegen stets auf Suche nach Informationen über ihre Herkunft ist. Eventuell könnte sie so friedlich unter dem Mond schlafen, wie die junge Frau auf dem Cover, wenn ihre Erkundigungen hierzu positiv verlaufen würden. Auf den ersten Blick steht das Umschlagsbild jedoch in keinem Bezug zum Roman oder zum Titel. Ich mag das Cover dennoch, weil es ungewöhnlich gestaltet ist.
Shannon wird, wie bereits erwähnt, von ihrer jungen Mutter Yola ausgesetzt. Der einzige Hinweis auf ihre Herkunft ist ein Schweizer Messer, das man bei dem Baby findet. Eine polizeiliche Suchaktion bringt kein Ergebnis und so wird sie nach einem halbjährigen Verbleib auf der Intensivstation für Neugeborene an Pflegeeltern gegeben. Doch aufgrund widriger Umstände trennen sich diese und als die Pflegemutter beginnt Drogen zu nehmen, kommt sie zu neuen Eltern in Pflege. Nach einiger Zeit werden bei ihr wiederholt Verletzungen festgestellt und wieder wird eine neue Pflegestelle für sie gesucht. So gelangt sie schließlich in die Obhut von Miranda, die als Raumpflegerin arbeitet und bereits eine leibliche Tochter hat. Lydia-Rose ist nur ein halbes Jahr älter wie Shannon und für beide gelten die gleichen Hausregeln, die es einzuhalten gilt. Das Einkommen von Miranda ist gering und Ideen zum Ersatz fehlender Dinge sind gefragt. Außerdem hat Shannon gegen die Eifersucht von Lydia-Rose anzukämpfen. Der Wunsch, ihre tatsächlichen Eltern kennenzulernen wird immer stärker, doch Miranda ahnt nichts davon. Alleine macht Shannon sich auf die Suche …
„Hier könnte ich zur Welt kommen“ ist eine sehr einfühlsame Schilderung der Lebensgeschichte von Mutter und Tochter. Ausgehend von dem Zeitpunkt an dem Yola ihre Tochter vor der Tür des YMCA ablegt, begleitet der Leser Shannon durch die Kinder- und Jugendjahre. Parallel hierzu wird im Wechsel der Kapitel rückblickend erzählt, wie Yola den Vater von Shannon kennengelernt und sich in ihn verliebt hat. Schließlich werden die Umstände während der Schwangerschaft geschildert die dazu führten, dass Yola ihre Tochter nicht selbst groß ziehen wollte. Dadurch, dass sämtliche Geschehnisse von Shannon aus der Ich-Perspektive erzählt werden, kann der Leser sich besser in sie hineinversetzen. Selbst die Kapitel über Yulas Mutter werden von ihr erzählt, so dass offensichtlich ist, das Shannon ihre Herkunft aufdecken wird, denn eine so genaue Kenntnis kann sie eigentlich nur über einen persönlichen Kontakt bekommen haben. Allerdings wirken vor allem die ersten Lebensjahre aus Shannons Sicht fast emotionslos, aber man muss dabei das tatsächliche Alter berücksichtigen, in der sie noch nicht in der Lage war Wertigkeiten vorzunehmen. Marjorie Celona erzählt eindringlich, die Situationsbeschreibungen sind detailliert. Nicht nur die beiden Protagonistinnen sind interessante Persönlichkeiten, auch Shannons Bezugspersonen und ihre Familienangehörigen sind Menschen mit eigenem Charakter und durchaus nicht immer nur freundlich im Umgang mit Shannon. Mir hat das Buch sehr gut gefallen und ich vergebe daher gerne eine Leseempfehlung.