Die Windsbraut und ihr Zauberer

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anonymous Avatar

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„Damals habe ich eines für immer begriffen.“

„Nämlich?“

„Dass die Vorstellungskraft mächtiger ist als jede Wahrheit.“

 

 

_Aus der Menge der Austellungsbesucher trat ein Mann auf sie zu, wie eine Erscheinung aus jener Welt, in die sie gerade abgetaucht war. Groß und schlank wuchs er vor ihr aus dem Boden, gewandet in ein schwarzes Cape, hager, in aufrechter Haltung, ein Gesicht wie Cäsar, mit weißen Haar und doppelt so alt wie sie._

_Laura erfasste ein Brennen, als hätte jemand ihr Innerstes entzündet. Ja, das war er, der Große Zauberer, von dem sie als Kind geträumt hatte: der Mann, der sie verwandeln würde- der Mann, dem sie niemals begegnen durfte._

_Lachend reichte er ihr die Hand. „Darf ich mich vorstellen?  Harry Winter.“_

Es schien vom Schicksal vorherbestimmt zu sein, dass sich Laura Paddington und Harry Winter bei seiner Kunstausstellung in London 1937 begegnen. Sie ist 20 Jahre jung und Studentin an der Kunstakademie des Professor Bonenfant, er ist ein  berühmter deutscher Künstler. Und von nun an werden sie ihren weiteren Weg gemeinsam gehen, denn was sie verbindet ist Magie. Die Magie in andere Welten zu _sehen_, von denen sie nur in ihren Bildern erzählen können.

Gegen den Willen ihrer Eltern verlässt Laura London und geht mit Harry nach Paris, denn Harry gilt in London, ebenso wie in Deutschland, als entarteter Künstler und kann nicht in England bleiben. Trotz des großen Altersunterschiedes verlieben sich die beiden in einander und erleben zusammen schöne, wie auch schwere Tage, die geprägt sind von dem Streben nach Freiheit und den Versuchen mit der Kunst der Wirklichkeit zu entfliehen. Denn der Krieg schwebt schon lange wie ein dunkler Schatten über ihnen und zwingt sie letztendlich erneut zum Umzug in ein kleines abgelegenes Dörfchen.  Dort erschaffen sie sich ihre eigene Welt, die sie von allen Problemen abzuschirmen scheint- ihr Paradies, in dem sie ungehemmt ihre Leidenschaft ausleben können und woraus  ihr einziges gemeinsam gemaltes Bild hervorgeht, das sie die „Himmelsbeute“ nennen. 

Aber selbst dort ist die Zeit kurz, die sie in ungestörter Zweisamkeit verbringen können, denn am 3. September 1938 erklärt Frankreich Deutschland den Krieg und das macht Harry zum Staatsfeind seiner neuerwählten Heimat. Er wird von der Polizei abgeführt und in ein Internierungslager gebracht. Laura kann seinen Verlust nicht ertragen und beginnt langsam den Bezug zur Realität zu verlieren. Sie zieht sich in eine Art Traumwelt zurück, in der sie wieder mit Harry vereint ist, denkst sogar das sie schwanger ist und steht knapp am Rande eines Nervenzusammenbruchs. Gleichzeitig versucht Harry alles Mögliche, um zu Laura zurückzukehren, doch immer wieder werden ihm Steine in den Weg gelegt…

Werde die beiden es schaffen zueinander zurückzufinden?

Ich muss zugeben, dass ich anhand der Gestaltung des Covers zunächst glaubte mit „Himmelsdiebe“ einen typischen Liebesroman vor mir zu haben, doch mit dieser Annahme lag ich falsch. Auch wenn die Liebesgeschichte zwischen Laura und Harry eine tragende Rolle in der Geschichte spielt, ist sie doch nicht so dominant, dass die Schrecken und Ereignisse des Zweiten Weltkrieges heruntergespielt werden. Ganz im Gegenteil. Der Zweite Weltkrieg hat die Beziehung fest im Griff und bestimmt, ob sie gerade Höhen oder Tiefen durchlebt, sodass sie wie ein Floß auf den Wogen eines brodelndes Meeres treibt- und es bleibt bis zum Ende ungewiss, welche Richtung es letztendlich  einschlagen wird.

Die Protagonisten sind in ihrem Handeln für mich nicht immer nachvollziehbar, weswegen mir eine Identifikation auch nicht leicht fiel, aber ihrem Wesen und auch den immer neuen Situationen in ihrer Beziehung und die durch den Krieg verursachten Veränderungen in der Welt, entsprachen sie durchweg. Harry als der verschrobene, teils auch weltfremde Künstler und Laura, die lebenshungrige, verträumte, aber später auch sehr ernsthafte Studentin.

Bei den Personen hat Peter Prange offensichtlich sein Augenmerk auf diese beiden gelegt, denn während sie sehr lebendig und in ihrer Art einzigartig wirken, erscheinen einem die Nebencharaktere- ausgenommen dem Sohn Harrys und seiner Ex-Frau- auf Stereotypen reduziert. 

Aber nicht nur die Liebe zwischen Harry und Laura und der Krieg sind Thema dieses Buches. Mit seinem Roman „Himmelsdiebe“ öffnet Peter Prange einem die Tür zu den surrealistischen Künstlern des vergangenen Jahrhunderts.  Die Frage, was stärker ist- Realität oder Imagination- zieht sich durch das gesamte Buch und wird von dem Autor auch nicht eindeutig beantwortet, sondern so behandelt, dass der Leser sich seine eigenen Gedanken und Schlussfolgerungen machen kann.

Alles in allem bin ich doch begeistert von diesem Buch, da es in seiner Thematik sehr vielschichtig ist und viele unerwartete Wendungen vornimmt. Hinzu kommt noch der sehr blumige Schreibstil des Autors, der durch die Verwendung vieler Bilder die Atmosphäre dieser Zeit lebendig werden lässt- da macht es auch nichts, dass manche Passagen fast schon ins kitschige abdriften, denn "Himmelsdiebe" ist und bleibt nun mal ein Unterhaltungsroman.

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