Himmelsdiebe

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jule1 Avatar

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Ich lese Peter Pranges Bücher sehr gerne und ich kann auch dieses nur weiterempfehlen. Es war ein fesselnder, emotionaler Lesegenuss und dennoch bleibt bei mir eine gewisse Ambiguität bestehen.Aber vielleicht ist es gerade das, was einen guten Roman ausmacht.

Harry Winter, der Künstler, der Zauberer, wird in all seiner Egozentrik und Egomanie treffend dargestellt. Zunächst ist es sein Aussehen, was die Frauen fasziniert und dann seine absolut nüchterne, aber entwaffnend offene Art mit Sex umzugehen, verbal und körperlich. Manchmal, beim Lesen, habe ich gedacht, wie kann man diesen Mann lieben und vergöttern, der die ihn umgebenden Menschen so schlecht behandelt, sie verbal mit Füßen tritt. Und genau in diesen Momenten kommt die Magie des Buches zum Tragen, die sich wie ein glitzernder Faden durch den Roman zieht. Und dann kann man als Leser wieder nachempfinden, wie sich eine Florence, eine Laura, eine Mathilde, eine Debbie und viele andere Frauen fühlen müssen in bezug auf Harry. Und dann vergaß ich als Leser auch ganz schnell meine langsam aufkeimende Wut diesem Egomanen gegenüber. Dies ist, finde ich, eine große Kunst des Autors Peter Prange. Gerade weil ich mich so oft über Harry geärgert habe, wurde mir bewusst, dass er tatsächlich als ganzer Mensch beschrieben wird, mit allen Fehlern und Schwächen sowie seinen Stärken, und nicht als eine schnell verblassende Hollywoodfigur.

Die Liebesgeschichte der beiden Protagonisten Harry und Laura war bis zu Harrys Internierung schön zu lesen, man konnte nachempfinden, wie sich wuchs. Es gab lustige, traurige, fragende und emotionale Stellen, aber auch das Gefühl, ja, die Beiden haben sich in jeder Beziehung, menschlich und künstlerisch getroffen.Sie können in die Seele des Partners blicken, was auch wiederherum eine gewisse Magie verlangt.

Voller Sorgen, Warten und Verzicht wird die Beziehung, als Harry als feindlicher Ausländer ins Lager muss und eine schrecklich Zeit für ihn beginnt. Und lange sieht es so aus, als ob die Beiden es trotzdem schaffen können, ihre Liebe am Leben zu erhalten und auch miteinander zu leben.

Leider nein. Harry nutzt alle Möglichkeiten, um nach Amerika zu kommen, um dem Albtraum in Europa zu entfliehen. Das kann man ihm nicht vorwerden. Laura tut dies auch, nachdem sie ihren Krankenhausaufenthalt hinter sich hat! Beide verbinden sich mit anderen Partnern, die sie nicht lieben. Beide können aber auch nicht voneinander lassen. Ab da begann mir der Roman nicht mehr so gut zu gefallen, weil ich mir einfach irgendeine Entscheidung gewünscht hätte, aber nicht dieses Hin und Her. Bild fertig stellen ja oder nein, sich treffen ja oder nein. Warum eine Beziehung von Laura zu Bobby oder war es doch Laureen?

Was mich allerdings wirklich gestört hat, war Lauras "Sache".  Diese Einschübe kann ich nicht richtig einordnen, jedenfalls nicht bis zum Ende des Buches, als klar wird, dass sie sterben muss. Und dann heiratet sie nocheinmal und überwindet ihre Krankheit und bekommt ein Kind. Ja, das war mir alles ein bisschen zu viel heile Welt, nach all dem was vorher passiert war.

Haben die Himmelsdiebe ihre Liebe gestohlen??

Es ließe sich noch soviel sagen über dieses Buch, insgesamt hat es mir Freude gemacht, mich bereichert und ich werde es auf jeden Fall weiterempfehlen und mein Exemplar auch gerne an Freunde ausleihen.