Amüsant und Traurig

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amirabooks_ Avatar

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Inhalt:
Herr Naumann konnte sich schon als Schüler nicht so recht entscheiden, welcher Beruf Spaß machen könnte. Als schwerhöriger Sonderschüler versucht er seine Karriere als Popstar und scheitert noch ehe sie begonnen hat. Herr Naumann landet beim Jobcenter, ehemals Arbeitsamt genannt und muss sich mit den Hartz IV Gesetzen auseinander setzen.

Meine Meinung:
So paradox, wie die Worte 'abgrundtief' und 'amüsant', die über dem Klappentext stehen, sind die Schilderungen in diesem Buch. Mit zynischer Feder beschreibt Robert Naumann seine Erlebnisse. So manches im Buch ist doppeldeutig und das macht den Humor und die Satire des Buches aus. Mir gefällt, dass es nicht nur um das Erleben im Jobcenter geht, sondern auch 'heitere' Szenen aus dem Alltag des Herrn Naumann geschildert werden - z.B. der Besuch des Elektrikers. Andere Paradoxien sind, dass er nicht als unterbezahlter Postzusteller arbeiten möchte, aber eine Flut Geburtstagskarten in seinem Briefkasten erwartet.
Mir fehlt allerdings der lösungsorientierte Ansatz. Was kann man daraus lernen? An vielen Stellen ist eher Kopfschütteln angesagt. Es fehlt eine kompetente Gegendarstellung. Nicht alle Hartz IV Empfänger sind Schmarotzer. Klischees und Vorurteile gibt es schon genug. Aufgrund der Dumpinglöhne gibt es genügend erwerbstätige Hartz IV Empfänger, die trotz Arbeit auf finanzielle Unterstützung angewiesen sind. Für solche, die sich wirklich bemühen, ist das Buch ein Schlag ins Gesicht. Hier hätte das Thema mit etwas mehr Sozialkritik ausgebaut werden können.
Jedoch mal ein Buch über Hartz IV zu schreiben, diese Idee ist vom Ansatz her schon mal genial und sicher noch ausbaufähig. Ich bin gespannt, was Robert Naumann als nächstes schreibt. Herr Naumann hat Potential. Vielleicht wird das nächste Buch schon etwas dicker und kompetenter.

Meine Lieblingstextstelle:
'Aus der Arbeitslosenstatistik bin ich aber trotzdem raus. Keine richtige Arbeit, aber auch nicht richtig arbeitslos, wir Ein-Euro-Jobber sind wie Schrödingers Katzen in einem Überlagerungszustand, wir sind die Hermaphroditen der Arbeitswelt, gefangen im Fegefeuer zwischen Hölle (Arbeitslosigkeit) und Himmel (richtige Arbeit).' (S.110)

Fazit:
Ein Buch , welches mit zynischer Feder geschrieben wurde und von amüsant bis abgrundtief traurig alle Facetten der Erlebnisse eines Langzeitarbeitslosen schildert.