Gemischte Gefühle

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mike nelson Avatar

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Jürgen Kaizik hat mit "Ich und der andere" einen gut lesbaren und auch interessanten Roman geschrieben; gleichwohl hinterlässt der Text bei mir sehr gemischte Gefühle... Selbstverständlich handelt es sich bei der Geschichte um den legendären Sänger der Band 'The Doors' - Jim Morrison - nicht um eine Biographie, wobei natürlich Biographisches durchaus eine Rolle spielt: Der der Marine zugehörige, erbarmungslose Vater, die Band und ihr kometenhafter Aufstieg, Jim Morrisons Alkoholsucht und Liebesleben, der Weg nach Paris und sein Verschwinden mit 27 Jahren. Wir werden Zeugen der Entstehung der 'gößten Hits' der Doors (The End, Riders on the storm, Light my fire, Break on through); wir begleiten Jim Morrison bei seinen inneren Kämpfen und gegen Ende auch auf das legendäre Woodstock-Festival, welches er aber nicht mit seiner Band auf der Bühne, sondern als einer unter Tausenden, unerkannt, weil inzwischen ohne seine Lockenmähne, nur am Rande erlebt. Jürgen Kaizik hat seinem Protagonisten Jim Morrison eine zweite Figur zur Seite gestellt - einen verwirrten jungen Dichter aus Deutschland, welcher Hölderlin verkörpern soll; er konstruiert eine spannende Seelenverwandschaft, aus der er Jim Morrison die Inspiration für seine Texte ziehen lässwt - ganz nach dem Motto 'Was man schreiben kann, das hätte auch genau so passieren können'. Am Ende weiß man als Leser nicht so recht, ob es sich um einen realen oder einen von Jim Morrison imaginierten 'anderen' handelt. Der Autor lässt dann die beiden Männer sich am Ende ihrer Tage in einer abgehalfterten psychiatrischen Anstalt im Irgendwo als die letzten beiden Patienten aufhalten. Durch die Presse geht die Meldung vom fünfzigsten Todestag Jim Morrisons. Der Versuch, eine hölderlinartige Sprache in die bewegte Zeit Ende der Sechziger, anfang der Siebziger zu transportieren mag man entweder als ein wenig unpassend oder auch als interessantes Spannungsfeld zwischen Text und Handlung bewerten. Eine Poesie des Aufbruchs - zur anderen Seite!