Verspielte Liebesgeschichte

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Der Roman „Ich verliebe mich so leicht“, der nun auf Deutsch als Nachfolger von Hervé Le Telliers preisgekröntem Bestseller „Die Anomalie“ erscheint, ist eigentlich ein Vorgänger. Im französischen Original ist das schmale, groß gedruckte Buch bereits im Jahr 2007 erschienen. Im deutschen Marketing für das Buch wird diese Tatsache, soweit ersichtlich, nicht erwähnt. Dies mag aus unternehmerischer Sicht verständlich sein, für einige Leser eher für Irritation sorgen. Ganz ohne Zynismus besteht aber auch Grund zur Freude: Der Erfolg der „Anomalie“ hat offensichtlich ein Interesse geweckt, auch die älteren Werke Le Telliers für das deutsche Publikum zu erschließen. Auch „Ich verliebe mich so leicht“ ist vom Übersetzerpaar Jürgen und Romy Ritte aus dem Französischen übertragen worden.

Die Geschichte, um die es geht, ist schnell erzählt: Es geht um einen Mann – „unseren Helden“, wie der Erzähler im Buch ihn nennt –, der sich ins Flugzeug setzt und seine Geliebte – „unsere Heldin“ – in Schottland besucht. Er wird für einige Tage dort bleiben. Er hadert mit sich, mit ihr, mit seinen Gefühlen. Ob es ihm gelingt, sie für sich zu gewinnen, soll an dieser Stelle nicht verraten werden.

Das Besondere an dem Roman ist sein Schreibstil. Le Tellier, als Vertreter der Oulipo-Literatur, hat auch in diesem Buch seine Freude daran, mit der Sprache zu spielen. Der Erzähler der Geschichte kommentiert, bewertet, macht Wortspiele, zieht die Aufmerksamkeit auf sich, kurzum: versucht gar nicht erst, sich unsichtbar zu machen. Hat man sich an die Art und Weise gewöhnt, liest sich dieser Stil sehr vergnüglich und flott. Die kurzen Kapitel auf wenig mehr als 100 Seiten lassen sich an einem Nachmittag lesen. Indem der Autor die Künstlichkeit seiner Geschichte betont – seine Protagonisten bleiben etwa bis zum Schluss namenlos –, macht er sich gleichzeitig vor Kritik an der Sprache immun: Findet sich an mancher Stelle des Textes eine schiefe Metapher, ein schwülstiger Vergleich oder ein abgedroschenes Nachsinnen über die Liebe, ist der Erzähler der erste, der dies anmerkt. An der gelegentlichen Aufladung mit Klischees ändert es allerdings nichts, dass diese als solche benannt werden.

Aufgrund der Distanziertheit der Erzählperspektive und der Kürze des Textes bleibt weder für große Emotionen noch für viel Tiefgang Raum. Dies ist kein Buch wie die „Anomalie“, die große Themen wie Identität, Realität, ja Zeit und Raum verhandelt. Im Vergleich wirkt „Ich verliebe mich so leicht“ eher wie eine Fingerübung. Das darf man dem Roman vermutlich nicht einmal anlasten. Wer seine Erwartungshaltung entsprechend anpasst, bevor er das Buch in die Hand nimmt, wird dennoch mit einer durchaus unterhaltsamen Lektüre belohnt.