Zack, warum bist Du nicht Buchhalter geworden?

Oder Friedhofsgärtner? Oder irgendeinen anderen Beruf „from nine to five“? Sieh mal, als Polizist musst du dich immer mit den bösen Jungs anlegen, immer bereit sein, Terroristen zu bekämpfen, auch wenn sie in Form von kleinen Mädchen vor Dir stehen. Du sehnst Dich nach Liebe, musstest schreckliche Sachen erleben und wegstecken, wie den Tod deiner schwangeren Freundin, die heimliche Liebe zu deiner Schwester, von der du nicht einmal sicher weißt, ob sie es nun wirklich ist oder nicht. Dabei kennst du deine eigene Herkunft nicht, es könnte sein, dass deine leibliche Mutter die mächtigste und gefährlichste Frau von Stockholm ist; aber noch hast Du keine Sicherheit. Tatsache ist, die Eltern, die dich aufgezogen haben, sind nicht deine leiblichen Eltern, also könnte unter Umständen ja Olympia eine Jugendsünde wohl diskret abgeschoben haben. Aber in diesem Buch werden wir wohl dieses Rätsel wohl nicht lösen. Dafür schaffst du es bemerkenswerterweise ganz andere Fälle zu lösen. Auch wenn es am Anfang so grandios schief zu laufen droht und du plötzlich verantwortlich sein sollst gleich für mehrere Polizistenmorde. Vom gefeiertesten Polizisten Stockholms zum meist gehassten Verbrecher und Mörder und wieder zurück, zum strahlenden Helden, das packst Du locker in 365 Seiten und im Verlauf eines Monats. OK, im Mai und Juni sind die Tage lang in Stockholm, aber trotzdem nicht länger als 24 Stunden. Du hattest auch Helfer, zuerst einmal die bunte Polizeitruppe, die dich unterstützt und in Schutz nimmt, dann deinen Kindheitsfreund Abdullah, der die Frau die du liebst töten muss, deine Schwester, die dir schlappe 12 Millionen Kronen mal in einer Tasche zusteckt, und schließlich und letztlich deine fünfzehnjährige Nachbarin, die sich auf dich geprägt hat. (darf man den Begriff auch außerhalb Vampir- und Wolfsromane verwenden?) Diese Gestalten alle zusammen bilden ein buntes Bild der modernen schwedischen Gesellschaft. Schweden, Einwanderer, Arm und Reich, sie tun alles, damit der IS nicht in Schweden Fuß fassen kann. Der IS wird durch Bogan Ravi kunstgerecht in Szene gesetzt. Durch und durch böse, verfolgt er nicht nur fanatisch-religiöse Ziele wie Selbstmordattentate, sondern auch Drogendeals und Waffenschiebereien. Damit finanziert er die Terroranschläge. Dabei ist ihm jedes Mittel recht: Polnische Ultranationalisten, die eigentlich gegen jede Art von Einwanderer sind, (kleine Ironie: der polnische Anführer heißt Kaczynski – ein Schelm wer Böses dabei denkt) oder schwedische Armeeangehörige, die sich für private gut bezahlte aber illegale Jobs hergeben, eben auch den IS zu unterstützen, ohne zu hinterfragen wieso sie dabei schwedische Polizisten erschießen müssen.
Spannend bis zur letzten Seite dieses Buches, die hoffentlich zugleich auch die erste Seite des nächsten Buches sein wird, lässt einen das Buch nicht mehr los. Atemlose Action- und Kampfszenen alternieren mit Szenen des Alltags, die Zack erlauben zu verschnaufen, sich zu sammeln. Die Szenen, in denen er mit Frauen interagiert, sind wunderschön beschrieben, ohne je ins Triviale abzurutschen, auch wenn es um Sex geht. Nüchterne schnörkellose Sprache, die aber ab und an hinreißend schöne Bilder hervorruft: „Er läuft durch die Stadt, die auf eine ganz andere Art schön ist, wenn sie nicht gerade von Menschen und Lärm erfüllt wird. Die Baumkronen sind deutlicher zu sehen, genauso die kleinen Unebenheiten der Häuserfassaden, die an Falten auf den Gesichtern alter Menschen erinnern, die ein gutes Leben geführt haben“ (S. 107). Ist das nicht eine Liebeserklärung an Stockholm?
Spannend und gut geschrieben, wie wir es von Mons Kallentoft und Partner schon immer gewohnt sind.