Das erste Paar

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
büchersally Avatar

Von

Paris, 1958. Es war Liebe auf den ersten Blick. Wie im Rausch verbrachten sie die gemeinsamen Stunden. Die Rede ist von Ingeborg Bachmann und Max Frisch. Sie ist ein gefeierter Star in der Literaturbranche. Ihre Lyrik ist kraftvoll und bewegend, aber zugleich auch zart und berührend. Sein Metier ist das Drama. Im Verlauf der nächsten vier Jahre kommen sie nicht umhin, weitere Unterschiede ihrer Charaktere zu bemerken.

Bettina Storks, die sich mit diesem Roman zum zweiten Mal einem berühmten Paar nähert, lässt ihre Leser ganz nah an die beiden Charaktere herankommen. Man erlebt das Kennenlernen und spürt den Wunsch der beiden, sich ganz nah zu sein. Man stellt umgehend fest, dass sich Ingeborg nur wohl fühlt, wenn sie auch ihren Freiraum hat. Dennoch zieht sie in die erste gemeinsame Wohnung nach Uetikon, in der Nähe von Zürich. Max ist eifersüchtig auf ihren Ex-Liebhaber, der offenbar noch eine Rolle in Ingeborgs Leben spielt. Es beginnt eine turbulente Zeit. Später erinnert sich Frisch an einen Höhenflug, aus dem man nur tief fallen konnte. Die Handlungen der beiden sind einfühlsam beschrieben und damit nachfühlbar. Dennoch war es mir nie möglich, mich auf eine Seite zu schlagen. Die Charaktere sind zu facettenreich, dass man an ihnen nicht auch viele gute Seiten finden würde. Die Perspektiven wechseln, sodass man sich immer in den jeweiligen Erzähler hineinversetzen kann.

Liebe, Schmerz und die Leere
Eine Romanbiografie über die Liebe zwischen zwei starken Persönlichkeiten benötigt Fingerspitzengefühl. Im Anhang wird erläutert, wie Storks die Rückschlüsse auf die intimen Szenen gekommen ist. Es ist eine imposante Leistung an Recherche, die diesem Buch zugrunde liegt. Die mehrseitige Literaturliste zeugt davon. Die Lyrikerin und der Dramatiker verstanden, ihre Liebe auszuleben. Leider verstanden sie es nicht, sie sorgsam zu pflegen. Als Leser wird man Zeuge dieses emotionalen Strudels, wird angezogen und kann ebenfalls nicht eher aufhören, bis die letzte Seite gelesen ist. Man hört das Knistern der Flammen, wenn Bachmann das Tagebuch von Frisch hineinwirft. Zu schmerzlich waren seine Gedanken, die sie eigentlich nie hätte lesen sollen. Er wiederum schreibt einen neuen Roman, in der er die weibliche Hauptfigur sämtliche Makel anhängt. Allein die Vorstellung dieser inneren Zerrissenheit macht betroffen. Gleichzeitig zeigt es den unterschiedlichen Umgang der beiden mit ihren Verletzungen.

Bettina Storks überzeugt mit dieser Romanbiografie um Ingeborg Bachmann und Max Frisch. Sie stellt die fünf Jahre im Leben der beiden bedeutenden Schriftsteller dar, zieht Schlüsse, kombiniert aus Briefen und den Romanen, wie das vollkommene Glück aus maximaler Höhe abstürzt und beim Aufprall zerberstet. Es ist aufwühlend, bedrückend und verdeutlicht die Tragik zwischen diesen gegensätzlichen Charakteren. Man fühlt sich als Beobachter der turbulenten Szenen, die bereits 1963 ein Ende fanden. Die Poesie der Liebe ist fantastisch erzählt.