Großartig

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leseleucht Avatar

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Ein eher nichtssagender Titel für eine Rezension, aber das, was mir bei zunehmender Lektüre in Bezug auf den Roman „Eine Poesie der Liebe“ als am treffendsten in den Sinn kam.
Die Autorin schildert darin die (selbst)zerstörerische Liebesbeziehung zwischen den großen deutschsprachigen Dichtern Max Frisch und Ingeborg Bachmann, deren Phasen sie mit „Liebesanflug“, „Liebesflüge“, „Sturzflug“ und „Gebrochene Flügel“ betitelt und die sie mit der Sage vom Flug des Ikarus vergleicht, der zu hoch an die Sonne flog und dann abstürzte. So ist auch die Liebe zwischen den beiden, die sehr intensiv und zu intensiv ist, sodass aus der Eifersucht des einen und dem Drang nach Freiheit der anderen letztlich nichts anderes folgen kann als ein traumatisierendes Ende für beide. Sowohl ihre Liebe als auch deren Ende findet Eingang in die Werke der Dichter und damit auch in die Öffentlichkeit.
Es geht aber auch um das Rollenverständnis von Mann und Frau im Allgemeinen in der Nachkriegsgesellschaft und im Besonderen im Literaturbetrieb, es geht um verschiedene Schreibweisen, vielleicht, wenn man so will, um männliches und weibliches Schreiben.
Mit großer Sachkenntnis widmet sich die Autorin ihrem Herzensprojekt und setzt den von ihr geliebten und geachteten Autoren ein großartiges Denkmal. Sie vermittelt dem Leser die schwierigen Gefühls- und Stimmungslagen der beiden, ihre unterschiedliche Art, zu denken, zu fühlen, zu formulieren und zu schreiben. Dabei flicht sie immer wieder Originalzitate aus den Werken der Autoren ein oder stellt literarische Bezüge her. Darüber hinaus vermittelt sie ein tiefen Einblick in das Handwerk des Schreibens und des Literaturbetriebs mit den Größen der damaligen Zeit. Auch die Beziehung Bachmanns zu Paul Celan und dessen tragischem Leben schildert sie sehr sensibel und einfühlsam. Der Roman bietet ein Einstieg in das Werk der beiden Protagonistin, aber auch dem Interessieren auf mehr als nur unterhaltende Art einen vertieften Einblick in das Seelenleben und die Beziehung von Frisch und Bachmann und macht Lust, ihre Werke noch einmal zu lesen. Einzig kritische Anmerkung – eine Marginalie: die vielen Blumen auf dem Cover und auf den einzelnen Kapiteleinleitungsseiten hat der Roman nicht verdient. Wohl ein Markenzeichen der Reihe muten sie mir doch zu kitschig an für eine Beziehung, die nicht gerade „auf Rosen gebettet“ war und für ein ernstzunehmendes, großartiges Projekt über eine bedeutende Phase der deutschsprachigen Literaturgeschichte.