Zu viele Themen, die nicht weiterverfolgt werden

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raeubertochter76 Avatar

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Der Roman ist in grob in drei Abschnitte aufgeteilt: Juli, August, September. Die Geschichte wird im Ich-Stil aus Lous Perspektive erzählt. Im ersten Teil geht es um ihren Familienalltag, ihre Ehe und irgendwie auch darum, ob ihre Tochter „jüdischer“ erzogen werden sollte.
Im August fährt Lou mit ihrer Mutter und ihrer Tochter nach Gran Canaria zur Geburtstagsfeier ihrer Tante Maya. Und das war verwirrend: So viele Figuren, alle irgendwie miteinander verbandelt. Und immer blickt irgendwer in die Vergangenheit zurück. An dieser Stelle hätte ich mir einen Stammbaum gewünscht, ich musste dauernd zurückblättern, wie einzelne Personen zu Lou und ihrer Tochter Rose stehen (vor allem, weil ihre Oma auch Rose heißt). Aber Olga Grjasnowa fängt das Wesen dieser Familie gekonnt ein und beschreibt die Geburtstagsfeier sehr bildhaft: das Gewusel, die Gespräche und die Streitereien auf einer Familienfeier; ich hatte fast das Gefühl, als wäre ich als Gast mit dabei.
Anschließend geht es für Lou allein weiter nach Israel, wo sie Maya besucht, um endlich mehr über ihre Familiengeschichte zu erfahren. Doch auch wir bekommen einen Einblick in die Schrecken des zweiten Weltkriegs aus der Erinnerung einer Holocaust Überlebenden. Ich fand den Sprachstil gerade an dieser Stelle extrem gut, weil es sich wirklich so las, als würde man mit den beiden an einem Tisch sitzen.
„Juli, August, September“ ist also eine klassische Familiengeschichte. Die Figuren und ihre Hintergründe stehen im Fokus, weniger die Handlung. Und trotzdem kamen sie mir auf den 200 Seiten nicht wirklich nah. Das verwundert insbesondere bei der Figur der Lou, denn durch die gewählte Ich-Perspektive hätte ich erwartet, mehr Einblicke in ihre Gefühls- und Gedankenwelt zu erhalten.