Selbsternannter Sheriff am Ende der Welt

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gormflath Avatar

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Hoch oben im Norden Islands in einem ehemaligen Fischerdorf leben nur noch wenige Menschen. Mitten unter ihnen, in Raufarhövn, lebt der Haifischfänger Kalmann, der laut seines Großvaters den zweitbesten Gammelhai des Landes macht. Kalmann ist der selbsternannte Sheriff, immer mit Cowboyhut, Sheriffstern und einer alten Mauser unterwegs. Sein bisher so einfaches Leben wird kräftig durcheinandergewirbelt, als er einen Tages mitten in einen Vermisstenfall stolpert.
Während der Jagd auf einen Polarfuchs entdeckt Kalmann eine große Blutlache, und damit beginnen seine Probleme, denn Róbert McKenzie, der Quotenkönig des Dorfes, ist verschwunden.
Kalmann schildert sein Leben aus der eigenen Perspektive. Er ist 33 Jahre alt und war in der Schule immer der schlechteste aller Schüler. Einige Leute behaupten, dass die Räder in seinem Kopf rückwärts laufen. Früher lebte er mit seinem Großvater unter einem Dach, der ihm viele grundlegende Dinge beibrachte, mit ihm auf die Jagd ging und auf Meer hinausfuhr. Inzwischen lebt sein Großvater in einem Pflegeheim und Kalmann ist auf sich selbst gestellt aber er hat alles im Griff, kein Grund zur Sorge.
Kalmanns Gedankenwelt ist einfach, nur manchmal, wenn er die Kontrolle verliert, neigt er ein wnig zur Gewalt, aber meist richtet sich diese gegen ihn selbst, nur versehentlich gegen andere. Kalmann hatte noch nie eine Frau, aber er träumt davon. In seiner Fantasie reduziert er Frauen allerdings auf Äußerlichkeiten und aufs Kinder kriegen, aber auch das ist für ihn kein Grund zur Sorge. Seine Schilderungen deuten auf eine geistige Behinderung hin, die nicht näher erläutert wird.
Nachdem Kalmann die Blutlache in der Nähe des Artic Henge entdeckt, kommt Bewegung ins Dorf und in Kalmanns Leben. Die Polizistin Birna nimmt im Vermisstenfall Róbert die Ermittlungen auf, bsiher ist das Blut der einzige Anhaltspunkt. Immer wieder spricht Kalmann von einem Eisbären, aber das kommt Birna und den Suchtrupps sehr ungelegen. Dann kommt es zu weiteren Vorfällen, und zunächst bleibt unklar, ob es einen Zusammenhang gibt.
Kalmanns pragmatische Gedanken, die zuweilen sogar ein wenig philosophisch wirken, lassen den Leser mitten in die Geschichte eintauchen. Die atmosphärischen Schilderungen der rauen Natur fangen äußerst gelungen das Lebensgefühl des kleinen Ortes Raufarhövn ein, denn durch die polizeilichen Ermittlungen herrscht dort so viel Trubel wie schon lange nicht mehr. Der Autor lebt selbst seit einigen Jahren in Island und schildert Kalmann als Original, verschroben, naiv und grundehrlich. Viele Dinge beschäftigen ihn, auch wenn er als einfältiger und harmloser Dorftrottel abgestempelt wird, ist er manchmal viel gescheiter als alle anderen.
Zum Ende gibt es noch eine überraschende Wendung, mit diesem Roman begibt man sich auf eine ganz besondere Reise in eine abgelegene Welt. Kalmann ist bodenständig und vertraut seinem Bauchgefühl – und mit dem Mut seines reinen Herzens wendet sich alles zum Guten. Er hat alles im Griff, kein Grund zur Sorge.
Dem atmosphärisch dichten Roman wünsche ich jede Menge Leser, vielleicht sollten wir alle ein wenig von Kalmann lernen.