Gefährliches Reporterleben - auch im Süden!

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karschtl Avatar

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Großartiges Buch! Spannend, detailreich, abwechslungsreich, sympathisch. Ich weiß nicht, ob ich auch das Attribut realitätsnah hinzufügen kann. Über die Drogenkriminalität an der Costa de Sol weiß ich so gut wie gar nichts - dieses Thema dort war mir noch nicht einmal bewußt (da sieht man mal wieder: Lesen bildet, und es müssen keineswegs immer nur Sachbücher sein, die diese Funktion übernehmen). Ich denke mir nur, dass Annika es beim Suchen & Finden von Interviewpartnern recht leicht hatte. Ob Rechtsanwälte, Polizisten, Privatpersonen - sie gaben alle bereitwillig Auskunft. Das wird wohl im wahren Leben nicht ganz so einfach sein. Gut finde ich aber durchaus die Beschreibung ihrer - zugegebenermaßen nicht ganz durchschnittlichen - Arbeitstage. Ich habe selbst mal in diesem Metier gearbeitet, und war auch als Reporterin für ein Boulevardblatt unterwegs. Für mich nicht der richtige Karriereweg, und wenn ich von Annikas' Arbeit lese fühle ich mich sehr bestätigt. Mir fehlt da wohl dieses Schnüffler- und nicht-locker-lassen-Gen. An fremde Türen klopfen und sich blitzschnell eine gute Ausrede ausdenken zum Beispiel.

Annika macht ihre Arbeit hingegen recht gut, und schießt ja nicht zum ersten Mal etwas über das Ziel hinaus und findet sich am Ende in lebensbedrohlichen Situationen wieder. Klar, ein bißchen Thrill muss so ein Krimi schließlich auch bieten. Was mir an Marklund jedoch gefällt ist, dass sie sich nicht ausschließlich auf die Kriminalgeschichte beschränkt, sondern die Seiten auch mit Leben füllt. Dass sie Kleinigkeiten einfließen lässt, wie z.B. wie Annika protestierte als sie um ihr Wechselgeld betrogen wurde. Oder was sie sich aus der Minibar schnappt als sie hungrig im Hotelzimmer sitzt. Für manche sind das vielleicht überflüssige Details - für mich sind sie Einzelteile des großen Puzzles, der den/die Protagonisten für mich greifbarer machen lässt.

Der Einstieg in den Roman ist etwas verwirrend, da zwischen verschiedenen Erzählformen, -zeiten, -sichten und vor allem -inhalten hergesprungen wird. Bald aber schon wird die Struktur klarer, und Stück für Stück treten die Zusammenhänge hervor. Blöd ist bei solchen Romanen, wo es am Ende den großen Aha-Effekt gibt, dass man am liebsten noch mal von vorne anfangen möchte um auf Kleinigkeiten achten zu können, die dem aufmerksamen Leser manche Dinge vielleicht schon vorher einiges offenbart hätten oder um einfach nur im Kopf das große Knäuel, das sich am Ende bildet wenn alle Stränge zusammenlaufen, entknoten zu können. Vielleicht ergibt sich ja irgendwann einmal die Gelegenheit, das Buch noch mal zu lesen.

Es ist wohl ratsam, wenn man die vorhergehenden Fälle von Annika gelesen hat. Ich habe nur 2 bisher gelesen, und nicht die unmittelbar hervorgehenden. Insofern war es für mich wichtig, aufmerksam die hier und da eingestreuten Hinweise und kurze Erzählungen über das Vergangene zu lesen. Verständlich und unterhaltsam ist das Buch auf jeden Fall auch für sich allein genommen.

Das Titelbild der deutschen Hardcoverausgabe finde ich recht nichtssagend - vor allem weil ein derartiges Ereignis (eine Frauenleiche im Pool) nirgendwo in der Handlung vorkommt. Dieses Detail hindert mich aber nicht daran, für dieses Buch die volle Punktzahl zu vergeben!