Führt auf falsche Fährten und überrascht mit einigen Wendungen

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girdie Avatar

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Im Buch „Kaltherz“ von Henri Faber ist das Thema Kindesentführung der Hintergrund für die spannenden Ereignisse des Thrillers. Innerhalb der fünf Buchteile der Geschichte sind die Kapitel kurzgehalten und wechseln zwischen vier Hauptfiguren. Jede von ihnen erzählt in der Ich-Form. Die fünfjährige Marie ist eine von ihnen. Ihre Schilderungen sind besonders berührend, denn als Entführungsopfer konfrontiert sie die Lesenden mit ihrer augenblicklichen Lage, aus der heraus sie keine Möglichkeit hat, diese zu verändern. Ihr Innerstes ist aufgewühlt und sie glaubt, dass ihr kaltes Herz nicht mehr schlägt, obwohl sie nicht gestorben ist. Das geschlossene und vergitterte Fenster auf dem Cover vermittelt beim Betrachten Unwohlsein, denn es schließt nicht nur die Außenwelt aus, sondern riegelt vor allem den dahinterliegenden Raum uneinsehbar, auch symbolisch gemeint, nach außen hin ab.

Clara Lipmann ist die Mutter von Marie und eine weitere Protagonistin. Sie hat ihre Tochter nur für kurze Zeit im Auto zurückgelassen. Als sie zurückkommt, ist Marie verschwunden. Inzwischen sind einige Monate vergangen und es gibt immer noch keine Spur zur Entführung ihrer Tochter, Lösegeld wurde nie gefordert. Sie gibt sich aufgrund ihres Verhaltens die Schuld für das Verbrechen und ist verzweifelt.

Erst bei weiterem Lesefortschritt konnte ich hinter die Fassade ihres Manns Jakob blicken, ebenfalls ein Ich-Erzähler des Thrillers. Als Leserin war ich ständig im Zwiespalt, ob seine Gefühle für seine Frau und seine Tochter echt sind, denn im Berufsleben gibt er sich geschäftstüchtig. Sein Motto ist es, dass er alles schafft, wenn er nur will.

Zu Beginn des Thrillers ist die später mit dem Fall betraute Kommissarin Kim Lansky noch aufgrund einer Suspendierung außer Dienst gestellt. Sie ist die letzte, hier zu erwähnende Protagonistin. In der Vergangenheit hat sie schon in mehreren Abteilungen der Kriminalpolizei gearbeitet. Dabei lag es ihr besonders am Herzen, pädophile Täter ausfindig zu machen. Sie kommt aus einfachen Verhältnissen und ist stolz auf ihre Anstellung als Kommissarin. Ihre Meinungen sind unkonventionell und manches Mal eckt sie an. Ihre Spontanität trägt dazu bei, dass Ihre Handlungen unvorhersehbar sind. Von einem früheren Jugendfreund wird sie wieder in Dienst genommen und als ihr Vorgesetzter gibt er ihr eine letzte Chance, sich zu bewähren.

Henri Faber flicht geschickt Geschichten am Rande ein, von denen ich nicht wusste, ob sie die Ermittlungen voranbringen, die mich aber dazu brachten, selbst über ein weiteres Vorgehen nachzudenken. Immer wieder legt der Autor neue falsche Fährten aus, die die Spannungskurve hochhielten. Der Wechsel der Perspektive brachte manchen Cliffhanger, die einen Lesesog erzeugten. Eine große Wendung im Mittelteil überraschte nicht nur mich, sondern auch die meisten Figuren des Thrillers.

In „Kaltherz“ beweist sich Henri Faber als Meister des Verschleierns der fiktiven Realität. Durch die Beschreibung des Vorspielens von Gefühlen führte er mich als Leserin mehrfach hinters Licht. Die Impulsivität der ermittelnden Kommissarin Kim Lansky ließ einige Überraschungen in der Handlung zu. Diesen hochspannenden Thriller empfehle ich gerne an Lesende des Genres weiter.