vom Essen und Trinken

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courfeyrac Avatar

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Ich bin etwas hin uns her gerissen, was die Bewertung angeht. Klar war von Anfang an, dass es sich bei "Kann denn Kochen Sünde sein" nicht um ein Kochbuch handelt sondern um einen Comic über die Leidenschaft zu kochen. Mir persönlich kommt das sehr entgegen, denn ich koche und esse gerne, halte mich aber nicht gerne an Gramm-genaue Vorgaben. Von daher sind die Anregungen in "Kann denn Kochen Sünde sein?" für meinen Geschmack ideal. Sie inspirieren aber machen keine dogmatischen Vorschriften - außer beim Kaffee. Doch auch hier gibt es ein eindeutiges Augenzwinkern. Die Comics sind allesamt sehr ansprechend gestaltet. Viele Basics sind großartig illustriert, so dass man sich auch vorstellen könnte, diese als Poster in der Küche aufzuhängen. So zum Beispiel der Schnitt durch eine italienische Kaffeemaschine, die Übersicht für Fischfilets, wichtige Küchenutensilien und Gemüsesaison.
Perfekt fand ich auch die Seiten über den Apero und die dazu passenden Appetithappen. Hier wird sicher das ein oder andere ausprobiert!
Diese Koch- und Küchentipps werden von kleinen Geschichten und Erlebnissen sowie zwei ausführlichen Reiseberichten ergänzt, die alle sehr schön illustriert sind.
Aber leider muss ich auch sagen, dass sich mir vieles nicht erschlossen hat. Ich vermute, dass das aus der Übertragung aus dem Französischen ins Deutsche resultiert. Gerade die "Guten Tipps von Pépé Roni" waren mir zu gezwungen um wirklich lustig zu sein. Viele Stellen waren deshalb etwas anrengend zu lesen, weil man nicht sofort versteht, was der Autor aussagen möchte. Hier ist eine Kulturbarriere, die von der Übersetzung offensichtlich nicht komplett ausgebügelt werden konnte.
Beim Titel ist das auch schon so eine Sache. "Kann denn Kochen Sünde sein" ist ein 08/15-Titel wie "Ein Koch zum knutschen". Dabei hat der Autor doch im Vorwort (natürlich auch in Comicform) genau beschrieben, was der Titel sein sollte. ESSEN und TRINKEN. Entsprechend heißt das Original auch "À boire et à manger". Es ist ja auch viel passender, denn das Kochen ist nicht das Hauptthema, es geht um die Gedanken eines Genießers, die offensichtlich zum großen Teil spontan skizziert wie gedacht wurden.
Das andere Problem ist, dass das ganze Werk ziemlich chaotisch und unstrukturiert wirkt. Man hat das ganze in das Korsett "Vier Jahreszeiten" gezwängt und die Reiseberichte en Bloc sogar farblich abgesetzt, aber ansonsten ist alles recht konfus. Wenn eine Pointe nicht so recht zündet ist man ohne es zu bemerken schon in der nächsten Episode und steht noch mehr auf dem Schlauch.
Mein Eindruck ist durchaus positiv, ich werde das Buch auch weiterempfehlen, kann es mir auch sehr gut als Geschenk für andere Genießer vorstellen, aber eine ganz Runde Sache ist es leider nicht.
In Frankreich kam bereits ein zweiter Teil auf den Markt. Ich denke, dass ich mir diesen dann bei Gelegenheit auch zulegen werde, denn ich hatte das Gefühl, dass "Kann denn Kochen Sünde sein?" in der zweiten Hälfte deutlich besser wurde. Vielleicht setzt sich diese Steigerung ja fort.