Über die Kraft der Erinnerungen

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lynn253 Avatar

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Hanna Lindner hat gerade einen bedeutenden Preis für eines ihre Bühnenbilder gewonnen. Eigentlich sollte es also ein glücklicher Abend sein, eigentlich sollte sie glücklich sein. Aber da sind die Erinnerungen an Josh. Ihre große Liebe, der sie vor fünfzehn Jahren verlassen hat. Schöne und zugleich traurige Erinnerungen.
Und schließlich trifft sie ihn wieder, ist gezwungen sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen und ihren Weg für die Zukunft zu wählen.
Es ist eine berührende Geschichte, schön und ein wenig traurig zugleich. Vor allem schenkt sie Hoffnung. Hoffnung auf das Gute im Leben, die hellen Momente, das Licht am Horizont.

Die eigentlich Handlung umfasst keinen großen Zeitrahmen, insgesamt nur wenige Wochen. Allerdings gibt es Rückblenden, die sich durch die kursive Schrift deutlich von dem Haupttext abheben. Sie ergänzen das Geschehen und gewähren so einen tieferen Einblick in Hannas Geschichte. Nach und nach erfährt man, was geschehen ist, weshalb es zu dem gekommen ist, was in der Gegenwart besteht. Mir persönlich gefallen die wechselnden Zeitebenen sehr gut, da sich Hannas Geschichte so langsam zusammensetzt. Außerdem wird wird so deutlich, wie sehr das Vergangene immer noch Hannas Gegenwart prägt. Und natürlich wird auch Spannung aufgebaut. Schließlich dauert es relativ lange, bis man erfährt, was vor fünfzehn Jahren geschehen und weshalb Josh gegangen ist.
Zum Schluss runden noch zwei Epiloge, ein und zwei Jahre später, die Handlung ab.

Erzählt wird aus der Ich-Perspektive von Hanna, was es leicht macht, sich in sie hineinversetzten. Ihre Gedanken und Gefühle kommen sehr eindrücklich rüber.
Die Sprache ist flüssig, angenehm zu lesen, teilweise sehr bildlich. Vor allem Licht und Horizont tauchen in Metaphern immer wieder auf, zwei Begriffe die auch der Titel enthält.

Thematisch geht es vor allem, aber nicht nur um Hanna und Josh, um ihre Liebe, um die Entscheidungen, die man im Leben trifft. Darum zu erinnern, zu verzeihen, und vor allem glückliche Momente zu sammeln und festzuhalten. Auch der Umgang mit Krankheit und Tod, die Entscheidung Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen oder häusliche Gewalt sind Aspekte, die in dem Roman auftauchen.

Gefallen haben mir auch die Nebencharaktere: neben Hanna und Josh gibt es Mo, der wie ein Vater für die beiden war. Seine Frau Erika. Hannas bestes Freundin Emma und ihre Familie. Über sie alle hätte ich gerne mehr erfahren. Ich hätte mich auch über ein längeres Buch gefreut!

Insgesamt eine ein wunderschöne, wenn auch eher kurze Geschichte, die ins Gedächtnis ruft, wie wichtig „diese besonderen Momente [sind], an die wir uns immer erinnern werden (...) weil sie wie Lichter in unserem Herzen bleiben und alles erstrahlen, auch wenn es mal dunkel ist. Diese Momente, die man braucht (...) wie der Horizont das Licht.“ Das ist einfach ein wunderschönes Zitat.
(Quelle des Zitats: Michelle Schrenk: Kein Horizont ohne Licht. canim-Verlag, 2018, S.119)