düster, beklemmender Schicksalsroman.

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diana pegasus Avatar

Von

Alesia Fridman – Kettenreaktion

Normalerweise würde an dieser Stelle eine kurze Inhaltsangabe von mir kommen, doch ich verweise diesmal auf den Klappentext, da die Story viel zu komplex ist, um sie mit vier Sätzen abzuhandeln:
Matteo wird wegen Geldwäscherei verurteilt und schon die ersten Stunden im Gefängnis werden für ihn zur Hölle, da diese von Angst, Frust und Gefahren zwischen den Schwerstverbrechern geprägt ist. Immer wieder kommt es zu Anfeindungen und Übergriffen, bis sich Sergej seiner annimmt und dafür „Gefälligkeiten“ fordert. Woraus diese bestehen, wird dem Leser recht schnell klar.

Ich kenne bereits „Die Traumtaucher“ von der Autorin, und so war mir klar, dass es es sich bei ihrem neuem Buch „Kettenreaktion“ höchstwahrscheinlich wieder um seine sehr komplexe, vielschichtige Story handelt.
Der Schreibstil ist flüssig und modern, die Kapitel sind aus der Sicht verschiedener Charaktere dargestellt, teilweise später auch in der ich-Perspektive, weswegen ich anfänglich Schwierigkeiten hatte, die Vielzahl der Figuren zu trennen und sie auseinander zu halten. Nach etwa einem Drittel des Buches verläuft sich das dann, und mir fiel es deutlich leichter, weiter zu lesen. Aufgrund der vielen Schicksale der Figuren musste ich das Buch öfter zur Seite legen, da ich die Geschichte sehr düster, beklemmend und teilweise auch als erdrückend empfunden habe.
Die Autorin lockert zwar immer wieder die Stimmung mit lockeren Sprüchen oder einer kleinen positiven Überraschung auf, aber schnell wurde ich in die trostlose, regelrecht triste Szenerie eingezogen.
Wer diesen Roman zur Hand nimmt sollte sich bewußt sein, dass es sich hier nicht um einen genretypischen Thriller oder eine Romanze handelt, sondern das der Schwerpunkt hier eher auf Matteo liegt, der mit den Folgen seiner Geldwäscherei zu kämpfen hat, und wir in menschliche Abgründe blicken, die erdrückend und beängstigend sind. Das Stockholmsyndrom wird dem Leser mit all seinen Facetten etwas näher gebracht, erschreckend, traurig und doch interessant zu gleich.
Der Autorin ist es sehr gut gelungen diese Emotionen zu transportieren. Oft war mir nach dem Lesen das Herz schwer, weil sich die Story so realistisch anfühlte. Hier kommt es weniger zu Effekthascherei, sondern geht einfach mit der Tiefe der Emotionen an die Substanz. Zumindest ging es mir so.

Die Charaktere werden hier facettenreich dargestellt, egal ob es sich um Sergej oder Matteo handelt, egal ob Toni oder Bianca gerade in den Fokus rückt, wichtig ist, dass jeder dieser Figuren seine Eigenheiten hat, jeder seine Lebensgeschichte, jeder lebendig und realitätsnah dargestellt wird.
Ich will gar nicht näher auf die Figuren eingehen, denn gerade die Entwicklung die zum Beispiel Matteo macht, sollte man lesen und sich selbst erarbeiten, das macht den Reiz des Buches aus, mitzuerleben, wie Matteo sich freizukämpfen versucht, wie die Dynamik der verschiedenen Figuren zueinander ist, wie jeder einen Platz in dieser Geschichte findet.

Auch die Schauplätze sind gut beschrieben, detailliert und bildhaft konnte ich mich so in der Geschichte besser zurecht finden.

Das Cover ist interessant, hat mich neugierig werden lassen, zeigt viele kleine Details in dem großen Gesicht.

Fazit: düster, beklemmender Schicksalsroman. Knappe 4 Sterne.