Der Tanz mit dem Teufel - die Spanische Grippe

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1918 Berlin. Nach ihrem Studium der Kindermedizin leistet Marlene Lindow als Ärztin ein 12-monatiges Praktikum an der Kinderklinik Weißensee ab, bevor sie als ausgebildete Medizinerin gilt und sich ab dann diese Rolle in einer von Männern dominierten Welt erst recht erkämpfen muss. Seit vier Jahren ist sie mit dem Arzt Maximilian von Weilert verlobt, der allerdings von seinem Kriegseinsatz als völlig anderer Mann zurückgekehrt ist aufgrund der Gräueltaten, die er dort miterleben musste. Marlenes Schwester Emma, die sich als Kinderkrankenschwester einen guten Ruf erworben hat, muss sich als alleinerziehende Mutter um ihren kleinen Sohn Theodor kümmern. Als die Spanische Grippe sich rasant unter den Menschen ausbreitet, ist auch Emmas Sohn Theodor davon betroffen. Doch während sie mit ihrer Schwester Marlene in der Klinik mit ihren Patienten alle Hände voll zu tun haben, muss sich Emma gleichzeitig mit Theodors plötzlich auftauchendem Vater Tomasz auseinandersetzen…
Antonia Blum hat mit „Jahre der Hoffnung“ den zweiten Band ihrer historischen Trilogie um die Kinderklinik Weißensee vorgelegt, der nahtlos an den Vorgängerroman anschließt. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil der Autorin lädt den Leser erneut zu einer Zeitreise ein, wo er sich alsbald im vergangenen Jahrhundert wiederfindet und sich an die Fersen der beiden Lindow-Schwestern Marlene und Emma heftet, während rundherum nicht nur der Erste Weltkrieg tobt, sondern auch die Spanische Grippe in Berlin Einzug hält. Die Autorin hat den historischen Hintergrund recherchiert und die damals herrschenden gesellschaftlichen sowie politischen Umstände gut mit ihrer Handlung verwoben. Gerade Marlene als frischgebackene Ärztin muss am eigenen Leib immer wieder erfahren, welche Rolle ihr von der Gesellschaft zugedacht ist und dass die tragenden Positionen den Männern vorbehalten bleiben. Blum gibt dem Leser zudem einen guten Einblick in die damalige Kinderheilkunde und Pflegetätigkeiten an der Klinik, die sich um die kleinen Patienten kümmert. Aber auch die Zustände rund um die Spanische Grippe, die viel Improvisation nötig machte, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren und der Epidemie Herr zu werden. Schlimm ist das Schicksal der Frauen, die in den Kriegsjahren alles am Laufen hielten, um dann ihren Arbeitsplatz räumen zu müssen für die männlichen Kriegsheimkehrer.
Die Charaktere sind realistisch mit menschlichen Zügen in Szene gesetzt, so dass der Leser sich unter sie mischt und sie bei allem auf Schritt und Tritt verfolgt. Marlene ist nach ihrem Studium nun Ärztin im Praktikum und krempelt die Ärmel hoch, um nicht nur ihren kleinen Patienten das Leben zu erleichtern, sondern sich auch gegen ihre männlichen Kollegen zu stemmen und sich um ihren Verlobten Max zu kümmern. Sie ist mutig, aber vor allem kämpferisch und weiß, was sie will. Emma ist im Gegensatz zu ihrer Schwester eher zurückhaltend und einfühlsam. Sie kümmert sich neben ihrem Beruf auch noch um ihren Sohn und steht vor einer weitreichenden Entscheidung, wie das Leben von ihnen beiden weitergehen soll. Tomasz hat Emma lange allein gelassen und denkt nun, er braucht nur vor der Tür zu stehen, um mit offenen Armen empfangen zu werden. Aber auch Kurt und Maximilian sowie einige andere Protagonisten machen mit ihren Episoden die Handlung unterhaltsam und kurzweilig.
„Jahre der Hoffnung“ ist eine gelungene Fortsetzung der Trilogie und beschreibt eindrucksvoll die damaligen Zustände während des Krieges in Berlin sowie die Aufgaben in der Kinderklinik, Liebe und einiges an Dramatik. Verdiente Leseempfehlung!