Jahre der Hoffnung

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Nach wie vor gehören historische Romane zu meiner Lieblingslektüre. Dem zweiten Band der "Kinderklinik Weißensee"-Reihe habe ich geradezu entgegengefiebert. Das neue Buch von Antonia Blum spiegelt Krankheit und Hoffnung in der Weimarer Republik, wo die zwei Schwestern tagtäglich für ihre kleinen Schützlinge kämpfen.


Das hübsche Cover zeigt ein kleines Mädchen, das auf ein inmitten einer ländlichen Idylle gelegenes großes Gebäude zu blicken scheint. Es trägt ein feines blaues Kleidchen, die langen dunklen Haare sind zu einem praktischen Pferdeschwanz gebunden, in der rechten Hand baumelt ein Teddybär. Könnte es sich um Frieda, eine kleine Patientin aus der Kinderklinik Weißensee, handeln?

Der Titel "Jahre der Hoffnung" ist eine Verheißung. Antonia Blum schenkt uns ein Wiedersehen mit den Schwestern Marlene und Emma Lindow, zwei lieb gewonnenen Protagonisten aus der Kinderklinik Weißensee. Als alleinerziehende Mutter hat Emma einen schweren Stand; sie erhält keine Alimente und ist auf einen regelmäßigen Verdienst angewiesen, um für den Unterhalt ihrer kleinen Familie zu sorgen. Nach wie vor liebt sie ihren Beruf, aber wie jede Kinderkrankenschwester muss sie sich mit den schwierigen Arbeitsbedingungen arrangieren. Für ihr einziges Kind hat sie kaum Zeit, und die Liebe hat sie aus ihrem Leben gestrichen.

Marlene hat ihr festes Ziel nicht aus den Augen verloren; nach dem Medizin-Studium darf sie ihre praktische Ausbildung in der Kinderklinik Weißensee absolvieren. Viele männliche Vorgesetzte stellen ihre hervorragende Qualifikation in Frage, hüllen sich in vielsagendes Schweigen oder lassen sie offen ihre Abneigung spüren. Auch dem weibliche Klinik-Personal fällt es schwer, sich auf einen weiblichen Arzt einzulassen. Marlene will ihre Kritiker durch Leistung überzeugen; sie reibt sich auf in dem Kampf gegen Vorurteile und Infektionskrankheiten. Auch ihre Beziehung zu Max wird durch den Ersten Weltkrieg auf eine harte Probe gestellt; es kommt zu einer schleichenden Entfremdung, weil er seine erlittenen Kriegstraumata nicht bewältigt hat.

Trotz aller Schwierigkeiten geben die zwei Schwestern nicht auf. Sie sind ehrliche, starke Persönlichkeiten, die sich als positive Identifikationsfiguren eignen. Ihren Beruf nehmen sie sehr ernst, sie empfinden ihn wie eine Berufung. Der Kampf gegen lebensbedrohende Krankheiten spielt eine gewichtige Rolle in diesem historischen Roman; man erfährt viel Wissenswertes über die medizinischen Fortschritte in dieser Epoche der Weltgeschichte.

Was für ein emotional berührendes, wunderschön geschriebenes Buch! Ich habe mit den zwei Schwestern mitgefiebert, gelacht und geweint. Marlene und Emma sind mir ans Herz gewachsen, und ich freue mich schon auf den dritten (und letzten) Band, der im kommenden Jahr erscheinen wird.