Neues aus der Kinderklinik Weißensee

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Kinderklinik Weißensee - Jahre der Hoffnung, historischer Roman von Antonia Blum, 497 Seiten erschienen im Ullstein-Verlag.
Berlin 1918, der große Krieg ist zu Ende, die beiden Lindow Schwestern sind erwachsen geworden. Marlene leistet nach ihrem Pädiatrie-Studium ein 12-monatiges Praktikum an der Klinik Weißensee ab, doch nicht jeder kann sich damit abfinden, dass auch Frauen Ärztinnen werden dürfen, schon deshalb, und auch aus Missgunst werden ihr von vielen Seiten, Steine in den Weg gelegt. Ihr Verlobter Maximilian ist aus dem Krieg unverletzt heimgekehrt, doch er hat sich verändert. Beide kämpfen um ihr gemeinsames Glück. Emma lebt nur für ihren Sohn Theodor und ihre Arbeit als Kinderkrankenschwester, mit dem Nachbarn Kurt ist sie gut befreundet und auch Theo mag ihn, einer gemeinsamen Zukunft würde nichts im Wege stehen, wenn nicht eines Tages Tomasz der Vater von Theo vor der Tür stehen würde. Beide Schwestern müssen ihre Kräfte beweisen und unmenschliches leisten, als die schreckliche Spanische Grippe ausbricht und unzählige Opfer fordert.
Zuallererst finde ich, dass mir der zweite Teil der Weißensee-Serie um die beiden Schwestern Lindow noch besser gefallen hat, als der Vorgängerband. Ich fühlte mich bestens unterhalten und konnte mich über Stunden im Roman verlieren. Die Autorin hat es geschafft mich von der ersten Seite an, ans Buch zu fesseln. Der auktoriale Schreibstil ist bildhaft und flüssig. Der Einstieg war leicht, Lesefluss hat sich unmittelbar eingestellt. Die liebgewonnenen Figuren aus dem ersten Teil, haben dies möglich gemacht. Allem voran hab ich mich über das Wiedersehen mit Willy Pinke und Jacki gefreut, der sympathische Pförtner ist diesmal richtig in das Geschehen miteinbezogen, das hat mir gefallen. Oberin Polsfuß, Doktor Richter und die ganze Belegschaft der Weißensee-Klinik waren mir vertraut, es war wie heimkommen. Die beiden Schwestern Marlene und Emma haben sich hervorragend weiterentwickelt, sie kämpfen um das was sie lieben, sei es beruflich oder privat und auch Max, Marlenes Verlobter war eine starke Figur im Roman, besonders seine Kriegserlebnisse waren sehr gefühlvoll beschrieben und seine posttraumatische Belastungsstörung gut dargestellt. Die Spanische Grippe, die im Buch thematisiert wird, oder auch das Krankheitsbild des Typhus sind glaubhaft beschrieben, auch die historischen Fakten sind bestens recherchiert. Ich habe mit den beiden Schwestern gehofft und gelitten, diesmal war mir Emma näher als Marlene, ihr Schicksal hat mich tiefer berührt. Auch die kleinen Patienten, allen voran Frieda, haben mich erreicht. Geärgert habe ich mich über Waldemar Buttermilch, seine verachtende Meinung über Frauen, seine Intrigen und seine politische Einstellung haben mich des Öfteren wütend werden lassen. Auch gehört Lenes Schwiegermutter, Gräfin von Weilert, nicht gerade zu meinen Lieblingen, wobei sich vielleicht auf den letzten Seiten eine Läuterung angezeigt hat?
Ein absolutes Wohlfühlbuch, aufgeteilt in 42 gut lesbare Kapitel, gespickt mit lebhaften Dialogen zum Teil auch in Berliner Mundart. Die einzelnen Kapitel sind mit Datum und Uhrzeit überschrieben, somit ist der zeitliche Überblick für die Leserschaft gewährleistet. In der vorderen Klappe befinden sich zwei Scherenschnitt-Medaillons mit Informationen über die beiden Schwestern – eine hübsche Idee. Zu jeder Zeit war der Plot schlüssig und die Handlung der Figuren nachvollziehbar.
Leider dauert es bis zum Abschlussband noch lange, der Roman endet mit einem unglaublich neugierig machenden Cliffhanger. Die Wartezeit bis zum letzten Teil wird mir wohl sehr lange werden. Das Buch kann als Einzelband gelesen werden, aber es wäre schade sich den Vorgängerband entgehen zu lassen.
Eine Empfehlung an alle Leser die den ersten Band genossen haben und an die Fans von historischen Romanen die zwischen den beiden großen Kriegen spielen. Von mir, begeistert 5 Sterne.