Eindrucksvoll

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michele.raduenz Avatar

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Das Cover erschien mir auf den ersten Blick etwas wirr und ungestaltet. Nach Abschluss des Buches wird es aber viel klarer und ergibt genauso Sinn wie es ist.
Das Thema des Buches erschließt sich auch nicht zu Beginn, sondern wird im Verlauf aufgedröselt. Ohne die Anmerkung am Ende zum Sinto Boxer, der im KZ Neuengamme landete, oder den Klappentext mit der Beschreibung, dass es sich um eine Gruppe Neonazis handelte, hätte ich mir den Kernpunkt allerdings nicht selbst vorstellen können.
Dafür überzeugt die Gestaltung der Geschichte umso mehr. Bereits am Anfang weiß man wie das Ende ausgeht, trotzdem saugt man jedes Wort in sich auf. Es ist urkomisch und hin und wieder befremdlich eine Geschichte zu lesen, die aus der Sicht eines Toten erzählt wird, dazu kommt, dass sie von einem erzählt wird, der nichtmal 14 Jahre alt geworden ist. Normalerweise kehren wir sowas unter den Teppich und werfen mal einen mitleidigen Blick hinter her. Genau das macht sich der Autor auch mit seinem Schreibstil zu Nutze. Er schreibt präzise und teils humoristisch mit einer Prise schwarzem Humor von Tod und den Prozessen, denen man nur allzu gerne aus dem Weg geht.
Besonders gefallen hat mir die brutale Ehrlichkeit und die Schonungslosigkeit mit der der Tod dargestellt und die Vorgänge im Plattenbau der Kinder dargestellt werden. Das sind eigentlich Dinge, die sonst nicht zur Sprache kommen. Dazu schafft der Autor es ,die Rolle von Erwachsenen und Rassismus reinzubringen und das alles auf 130 Seiten. Jede ist genauso spannend wie die letzte und zieht in seinen Bann. Zentral spielen auch Angst, Anpassung und Widerstand eine Rolle, die einen sich selbst hinterfragen lassen.
Mein persönliches Highlight war die Figur Hoffmann. Stellvertretend für die betretene Erwachsenenwelt, die im Prinzip nichts versteht, wurde auf eine total clevere Weise Hoffmann eingeführt, den wir alle in irgendwem wieder erkennen.
Alles in allem war es ein besonders schönes Buch, was man so in einem Rutsch durchlesen kann, aber noch länger im Kopf behält. Die Figuren sind authentisch, nichts wird beschönigt. Man wird gezwungen hinzusehen.