Kreuzfahrt der Gefühle

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Eine intensive „Kreuzfahrt“ der Gefühle beschert Mireille Zindel ihren Lesern in ihrem neuen Roman. Denn Meret, ihre Protagonistin, begegnet im Sommerurlaub ganz unvermutet Jan, mit dem sie gerne eine Affäre beginnen würde. Beide sind verheiratet und haben zwei kleine Söhne, leben sogar in derselben Stadt. Meret liebt Ehemann Dres und ihre Kinder sehr - und doch scheint ihr etwas zu fehlen. Zehn Jahre Ehe, Alltagsleben und Gewöhnung lassen sie ihr Leben als fade empfinden. Sie sucht den „Kick“, ein romantisches Abenteuer, um wieder Spannung in ihr Dasein zu bringen, und findet ihn in Jan. Doch beiden ist klar, dass sich die ungebundene Freiheit ihrer Jugend nicht zurückholen lässt. Beide wollen trotz ihrer heimlichen Beziehung ihre Ehe und die Sicherheit, die sie in ihr finden, nicht gefährden.
Wie ein Spiegel erscheint Merets Schilderung der Mittelmeer-Kreuzfahrt ihrer Bekannten Gaia, die sie wie einen Fortsetzungsroman erzählt; sie repräsentiert Wünsche und Träume von Frauen, die sich in einer ähnlichen Situation wie Meret und Romy, Jans Ehefrau, befinden.
Meret gibt ihre Gedanken offen und ehrlich wieder; in Form eines Briefes an ihren Geliebten formuliert sie klar, was sie nicht aussprechen kann. Schonungslos ehrlich, dennoch sensibel, beschreibt Zindel/Meret den Prozess des Suchens nach Liebe und Anerkennung, dem Auf und Ab der Gefühle, das an die Pubertät erinnert. Die Beziehung zu Jan, der eher zufällig ihr Leben „kreuzt“, wirkt dem „Soll-es-das-jetzt-gewesen-sein“-Gefühl der Midlife-Crisis zumindest zeitweilig entgegen. Wie mag ein solches Erlebnis ausgehen? Es ist ein sehr überraschendes Ende, das die Autorin ihrem Roman angedeihen lässt.
„Kreuzfahrt“ ist kein Roman, der sich leicht „herunter“ lesen lässt, aber er ist es ganz sicher wert, aufmerksam gelesen zu werden.