Drei Kinder

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simone1711 Avatar

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Obwohl mir die Leseprobe nicht so gut gefallen hatte, hat mich das Buch dann letztlich doch zum großen Teil überzeugt. Die Geschichte von Ira, Fido und Lew ist auf jeden Fall fesselnd und in einem außergewöhnlichen Stil geschrieben.

Ira wächst in einem kalten, lieblosen Elternhaus auf. Ihre Mutter liebt sie nicht besonders, ob aus Eifersucht oder weil sie unerwünscht war, sie lässt ihre unkontrollierten Wutausbrüche an ihr aus, und der Vater kann sie nicht beschützen. Sie erfährt eine Art Liebe von ihm, Horizonterweiterung, aber da er kleinen Mädchen gegenüber Gefühle hat, die nicht sein dürfen, kann er sie nicht nahe an sich heranlassen. Immer ist da die Furcht, zu weit zu gehen. Ist das noch normal? Darf ich das? In der kleinen Bäckerei gegenüber gibt es aber Evi, dort findet Ira später Zuflucht mit ihrem kleinen Sohn. Ihren Vater, von der Mutter verlassen, pflegt sie, als er im Sterben liegt. Aber das alte Haus verursacht ihr Beklemmungen, eher unschöne Erinnerungen an die Großeltern, ihre Mutter

Tadija, Evis Hilfe, Lebensgefährte, kam mit seinem kleinen Enkel Fido nach Deutschland, um seine Tochter zu suchen,die den Jungen bei ihm gelassen hat. Sie hat jedoch inzwischen geheiratet und ihrem Mann nicht gesagt, dass da noch ein kleiner Sohn und ein alter Vater sind. Evi kannte sie und weiß darüber Bescheid. Sie nimmt sich der beiden an, sie leben bei ihr, wachsen in die Bäckerei mit hinein, Fido und Ira werden erst Freunde als Kinder, später mehr. Doch Fido will und kann nicht bleiben, auch nicht, als John geboren wird - wobei manche Andeutungen besagen, dass nicht Fido sein Vater ist, dies aber annimmt.

Lew hingegen sucht in Indien nach seinem Vater, nachdem er vom Tod seiner Mutter erfahren hat. Gegen den Willen seines Bruders Manuel ist er gefahren, dieser hält es für sinnlos, sich eine Geschichte anzuhören, die der Vater sich dreissig Jahre lang ausdenken konnte. Denn die beiden denken, ihre Eltern hätten Republikflucht begangen und sie einfach zurückgelassen. So wurde es ihnen zumindest gesagt, als sie in eine neue Familie gegeben wurden. Doch stimmt das überhaupt? Auch Lew und Ira haben eine gemeinsame Vergangenheit. Ist er Johns Vater? Diese Abteilung seines Lebens scheint für ihn nebensächlich zu sein, er will Antworten auf die Fragen, die ihn seit seiner Kindheit quälen. Während Manuel sich abgefunden hat und sogar das Positive an der neuen Mutti und dem neuen Vati sieht, immerhin werden ihnen durch diese wesentlich mehr sportliche und schulische Möglichkeiten gegeben, kann Lew einfach nicht glauben, dass die Eltern sie einfach verlassen haben.

Auf manche Fragen erhält man keine Antwort, aber das Buch erzählt viel deutsche Geschichte, viele Möglichkeiten wie man sich entzweien oder entzweit werden kann. Manches hat mich ehrlich betroffen gemacht. Insofern ist es wirklich ein wertvolles Buch, das die Augen öffnet dafür, was manche Menschen in ihrem Leben durchmachen müssen und was man nicht auf den ersten Blick sieht. Wie manche Entscheidungen Einfluss nehmen auf die nächsten Generationen, die sich dann fragen, wogegen sie eigentlich kämpfen.

Einzig die letzten Seiten fand ich nicht so gelungen. Es wurden sehr viele Worte gemacht ohne dass wirklich etwas gesagt, erklärt wurde. Insgesamt hat es mir jedoch sehr gut gefallen.