Faszinierende Lebenswege

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kainundabel Avatar

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> **_"Wie lange wirst du weg sein?", will Ira wissen._**
>
> **_"Länger als sonst", antwortet Fido ..._**

1976: Ira wird in einer süddeutschen Kleinstadt geboren. Die Eltern haben die Ehe ihretwegen geschlossen. Die Mutter kann ihr Kind nicht lieben, der Vater Cornelius muss sich aus anderen Gründen von ihr fernhalten. Heute begleitet sie ihren Vater in seinem Sterbeprozess. Im selben Jahr verlässt der vierjährige Fido mit seinem Großvater Tadija das serbische Heimatdorf Richtung Deutschland auf der Suche nach Milena.. Sie, die Mutter des Jungen, ist nach Deutschland gegangen und hat den Kleinen beim Großvater zurückgelassen. Ortswechsel: In Ostberlin bleiben am ersten Tag der Sommerferien der neunjährige Lew und sein Bruder Manuel zurück, weil seine Eltern "Republikflucht" begangen haben. Jetzt ist Lew auf der Suche nach seinem Vater, nachdem er aus Indien einen Brief erhalten hat, in dem ihm der Tod der Mutter mitgeteilt wird. Was haben diese Einzelschicksale miteinander zu tun? Was verbindet diese Menschen miteinander? Sie begegnen sich, meist zufällig, verlieben und verlieren sich. Nach und nach erfährt der Leser mehr darüber. Mit ihrem beneidenswerten Erzähl- und Sprachtalent setzt Pia Ziefle ein komplexes Puzzle zusammen und nimmt den Leser mit auf den Weg. Kein Roman zum Zwischendurch-Lesen, aber ein faszinierendes Panorama von Lebenswegen, die man staunend und empathisch mitgeht. Es erfordert oft konzentriertes Lesen, man ertappt sich beim Gedanken, etwas überlesen zu haben. Aber der Eindruck täuscht. Ziefle liefert die Zusammenhänge nach, und das auf raffinierte Weise. Ein bestimmtes "Geheimnis" bleibt bis zum Ende der Geschichte offen, obwohl der Leser längst meint zu wissen, wer der Vater von Iras Sohn ist. Mit einer Ausnahme (Der Teil über Iras Verhältnis zu ihrem Vater Cornelius hätte ohne Verlust deutlich gestrafft werden können) ist der Roman kurzweilig geschrieben, mit schnellen Szenen- und Schauplatzwechseln, die Spannung bleibt auf dem Höhepunkt. Ich habe das Buch zwischendurch ungern aus der Hand gelegt und wünsche mir, dass es vielen Lesern ebenso gehen möge.

> **_"Länger als sonst ist nicht für immer", meint Cornelius._**