Tolle Sprache

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buecherliebe Avatar

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Von Anfang an war ich fasziniert von der Sprache des Romans. Schon der erste Absatz. "Vierzig Grad im Schatten. Wind streicht träge über die Wasseroberfläche, saugt die Elf-Uhr-Hitze aus den Häuserschluchten der Stadt, zieht zwischen ausgedörrten Büschen hindurch die Hügel herauf und hüllt den Europäer in flimmernd heiße Feuchtigkeit." und schon ist man in der Geschichte drin und kann sich die Situation vor Ort gut vorstellen. In diesem Fall ist das Indien und nach und nach erschließt sich uns die Geschichte von Lew, der in den siebziger Jahren in der DDR aufwuchs und dort von seinen Eltern verlassen wurde. In Indien sucht er nach seinem Vater, um endlich - mehr als 30 Jahre später - den Grund dieses Verlassenwerdens herauszufinden. Zwischendurch springt die Geschichte in eine süddeutsche Kleinstadt und erzählt die Geschichte von Ira und Fido. Auch die beiden wurden von ihren Müttern verlassen - Ira von ihrer jähzornigen und schwierigen Mutter, die sie bei einem Vater zurücklässt, der sie vielleicht ein bißchen zu sehr liebt ( es ist nicht ganz klar, ob es da Übergriffe gab ) - und Fido kam mit seinem Großvater aus Serbien nach Deutschland, um seine Mutter zu besuchen, doch die hat sich längst ein zweites Leben in Norddeutschland aufgebaut und will nicht, dass ihr Mann etwas von ihrer serbischen Familie erfährt.
Das Buch handelt also viel vom Verlassenwerden, aber auch von Liebe und der Suche nach Geborgenheit. Erst ganz zum Schluss erfährt man, wie die drei Schicksale zusammenhängen, aber das ist auch gar nicht so wichtig. Wichtiger ist die wunderbare Sprache, die Bilder, die im Kopf entstehen und die noch lange nachwirken!