Eine Liebe in Zeiten des Krieges

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regenprinz Avatar

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Ich nehme mein Fazit heute mal vorweg: Dies ist ein wunderschönes Buch!

Der Romananfang war mir ja neu, da die Leseprobe aus dem mittleren Teil des Buches stammte (was ich im Nachhinein übrigens eine kluge Entscheidung finde) und macht gleich klar, dass Léon und Louise keine gewöhnliche Liebesbeziehung hatten, denn für seine zahlreichen versammelten Nachfahren ist sie eine weitgehend unbekannte Person. Wobei natürlich die Frage bleibt, ob aus diesen beiden ein glückliches (Ehe-)Paar geworden wäre, hätte der Krieg sie nicht unmittelbar nach der ersten Nacht am Strand für lange Zeit auseinandergerissen. Trotzdem stimmt es ein bisschen traurig, dieses Schicksal einer Liebe, die mehr aus Getrenntsein, denn aus Zusammensein besteht und doch so tief ist, dass sie alles überdauert. Ich hätte den beiden mehr Zeit miteinander gegönnt - aber das wäre dann wohl ein ganz anderer Roman geworden ...

Eigentlich sind sie grundverschieden, der brave Léon und die vorwitzige, tapfere Louise, über deren Vergangenheit man leider nichts weiter erfährt. Wie sie sich das erste Mal begegnen, bleibt beiden im Gedächtnis haften und die Szene ist auch sehr charakteristisch für beide - Léon mit all dem Gerümpel auf dem Gepäckträger, Lousie rasant unterwegs auf ihrem quietschenden Rad. Die Entwicklung, die die Geschichte später nimmt, wirkt irgendwie folgerichtig - beide leben nach ihrer abrupten Trennung ein Leben, das ihnen entspricht und zu ihrem Charakter passt. Léon wohnt in Paris, geht täglich ins Büro, heiratet, wird mehrfach Vater und staunt oft im Stillen über die Launen und die Wechselhaftigkeit seiner Ehefrau, der er treu zur Seite steht. Auch sein "Aufbegehren" gegen die deutschen Besatzer ist genauso typisch Léon wie seine "Freundschaft" mit dem Clochard, dem er später sein Entkommen verdankt - dieser Mann kann einfach nicht aus seiner Haut. Und wenn, dann nur in Gedanken oder in der Stille ...

Louise dagegen lebt im Vergleich zu Léon eher abenteuerlich - zwar ist sie nach eigenen Worten auch nur eine "Tippmamsell", landet aber mit einem Haufen verschobenen französischen Goldes irgendwo in der sudanesischen Wüste, hadert mal mit der Hitze, mal mit den Regenmassen, hat eine Affäre und schreibt Briefe an Léon in Paris, die zeigen, dass sie dennoch unbeirrt an ihm festhält. Und dass beide sich am Ende wiedertreffen, in Paris, auf einem Boot, dass sie eine Lösung finden, mit der sie leben können und Léons Ehefrau bis zu ihrem Tod auch, das fügt sich perfekt in die ganze Geschichte ein. 

Sprachlich unglaublich leicht und flüssig geschrieben, die Kriegsereignisse dennoch eindrücklich und nicht beschönigend, auch die zwischenmenschlichen und innerspychischen Konflikte gut dargestellt - der Erzählstil dieses Romans gefällt mir ausgezeichnet. Ein wirklich wunderschönes Buch!