Eine Liebesgeschichte in schwierigen Zeiten

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Paris, 1986, Nôtre-Dame: Auf der Beerdigung León leGall erscheint eine zierliche ältere Dame, uneingeladen scheinbar und kein Mitglied der Familie, die sich ganz auf ihre Weise von dem Toten verabschiedet. Denn mit ihm verbindet Louise eine Liebesgeschichte, die 1918, während des Ersten Weltkrieges, in einem kleinen Dorf in der Normandie beginnt und die, obwohl die beiden Liebenden die Weltkriege, die Moralvorstellungen ihrer Zeiten und immer weitere Hindernissen trennen, niemals endet.
Leóns Lebensgeschichte wird rückblickend aus der Perspektive seines Enkels erzählt.

Alex Capus hat ein Händchen für seine Figuren und eine schöne Art zu erzählen. Mal zusammenfassend, mal poetisch, mal subtil humorvoll tanzt der Erzähler durch diese Geschichte, die an einigen Stellen witzig, an anderen wieder bedrückend wirkt. Die Liebesbeziehung von León und Louise ist dabei geschickt eingebettet in die Zeitgeschichte, wobei besonders die Schilderung der Besetzung Paris’ durch die deutsche Wehrmacht sehr authentisch hervorsticht.
Auch wenn der Schwerpunkt auf Leóns Leben liegt und die beiden Hauptfiguren immer wieder jahrelang getrennt werden, schleicht sich auch Louise Lebensweg ab und zu in die Handlung ein, sodass sie nicht wirklich zu kurz kommt. Vor allem ist es jedoch keine kitschige Erzählung, keine, die vom Unglück zweier getrennter Liebenden handelt, sondern von der Echtheit des Lebens, von der Nähe in der Abwesenheit, vom Glück und Unglück des Alltags in nicht immer einfachen Zeiten.

Ein sehr gelungener, interessanter und gut erzählter Roman mit authentischen Figuren, hervorragend eingebettet in die zeitgeschichtlichen Begebenheiten.