Erwartungslose Liebe

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Ich bin sehr froh, dass ich dieses Buch vorab lesen durfte, denn ich glaube, Titel und Cover hätten mich nicht so schnell angezogen. Romantische Liebesgeschichte, nicht unbedingt mein Ding. Aber nun war es eine solche, aber überhaupt nicht flach oder kitschig, vielmehr eine schlichte aber dennoch sehr schöne poetische Sprache, durchzogen mit Reflexionen und nicht ohne Humor und auch ein bisschen melancholische Stimmung, was ich sehr mag. Und dann sympathische Charaktere, die man über mehrere Jahrzehnte begleiten konnte.

Es beginnt mit der Beerdigung von Leon, die Großfamilie Le Gall ist versammelt. Da taucht  "eine kleine graue Gestalt mit einem leuchtend roten Foulard" auf, um Leon einen letzten Abschiedkuss zu geben. Keiner kennt sie und doch ahnt  jeder, dass es Louise sein muß, die große Liebe von Leon.

Ein Enkel von Leon erzählt die Geschichte seines Großvaters, die Geschichte einer lebenslangen Liebe, nicht ohne Bewunderung für die beteiligten Personen,  vor allem die starken Frauen.

Leon und Louise lernen sich in während des 1. Weltkrieges kennen und verlieben sich sogleich, haben gerade ein erstes gemeinsames Wochenende am Meer verbracht, da werden sie durch unglückliche Umstände bei einem deutschen Angriff getrennt. Sie suchen sich, finden sich aber nicht, Leon hält Louise füt tot, was dúrch eine Aussage des eifersüchtigen Bürgermeisters genährt wird.

Leon heiratet Yvonne und gründet eine Familie, arbeitet bei der Polizei als Chemiker und führt ein einfaches und im großen und ganzen zufriedenes Leben, allerdings bleibt Louise in seinen Träumen weiterhin präsent. Nach 10 Jahren treffen sie sich in der Metro, doch das Glück des Zusammenseins ist nur von kurzer Dauer, denn es ist überhaupt keine Frage, dass Leon bei seiner Familie bleibt. Vielleicht aber ist Louise auch immer schon eher unabhängig gewesen und braucht die enge reale Beziehung gar nicht.

Es vergehen wieder viele Jahre, bis sie sich erneut wiedertreffen, und auch jetzt ist es, Ironie des Schicksals, wieder der Krieg, der sie weit entfernt, denn Louise muß mit einer kleinen Truppe für ihren Arbeitgeber, der Banque de France, in den Senegal, die Goldbarren in Sicherheit bringen. Und weit entfernt ist die Sehnsucht besonders groß, so dass sie Leon mit Briefen versorgt, nebenbei eine Affäre hat, sich in diesen schwierigen Zeiten gut durch die Jahre schlägt und froh ist, als sie endlich wieder in Paris ist.

Yvonne tritt stärker in den Vordergrund, als Löwenmutter, die in Kriegszeiten ihre Familie und besonders die 5 Kinder zusammenhalten muß, während Leon seinem Job nachgeht, in die Querelen mit den Besatzern gerät, aber es schafft, sich gut immer durchzuwurschteln, ohne sein Gesicht zu verlieren. Geschenke der Besatzer, die seine Arbeitsmoral heben sollen, verscherbelt er und verteilt den Erlös an Bedürftige, eine seiner positiven Eigenschaften, sein Mitfühlen, die ihm später in Zeiten der Resistance zugute kommt.

Nach dem Krieg treffen Louise und Yvonne aufeinander, haben sich beide mit ihrer Situation arrangiert, wissen, was sie für sich noch vom Leben haben wollen, können die Andere akzeptieren, so wie sie ist, und akzeptieren daher auch bis zum Tod von Yvonne das stillschwigende Arrangement : Leon und Louise treffen sich zu bestimmten Zeiten auf einem Schiff, welches Leon von einem jüdischen Kollegen auf dessen Wunsch gekauft hat, und die anderen Zeiten sind für die Familie. 

Es ist eine Liebe, die 68 Jahre dauert, die nicht  ausgelebt wurde, aber dennoch ständig im Herz und in den Gedanken und Träumen präsent war und dem Leben von Leon und Louise und selbst Yvonne eine Tiefe gegeben hat, die vielleicht im Alltag , wenn sie ihn denn gemeinsam hätten verbringen können, gar nicht so hätte erhalten werden können. Verbunden mit einem Stück Zeitgeschichte hat mir diese Lektüre gut gefallen, ich hatte Lust am Weiterlesen und auch wenn es eher eine unaufgeregte Handlung war, weil alle mit den eigentlich zunächst unglücklich anmutenden diversen Situationen sich arrangieren konntn, war dennoch auch Raum für ein Stück Entwicklung der Personen vorhanden.