Leon und Louise - eine Geschichte, die das Leben schreibt

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bücherwürmchen09 Avatar

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Der Roman beginnt mit der Beerdigung von Leon. Die Trauergäste sind am offenen Sarg versammelt, als eine ältere Dame die Kapelle betritt und auf ihre ganz eigene Art Abschied von dem Verstorbenen nimmt. Es handelt sich um die "kleine Louise". Nach einem Schnitt wird das erste Treffen von Leon und Louise beschrieben. Leon ist sofort gefesselt, von dem eigenwilligen Geschöpf, das ihn fröhlich auf dem Fahrrad davonfährt. Louise scheint anfangs kaum Interesse an Leon zu zeigen. Für sie scheint die Beziehung zu Leon eher ein Spiel zu sein. Gerade als sich die beiden annähern und der Funke der Liebe übergesprungen zu sein scheint, macht der Krieg dem Glück ein jähes Ende. Nach einem Bombenangriff wähnen sich beide für tot. Leon baut sich ein Heim und eine Familie auf, Louise behält ihr eigenständiges Leben bei und arbeitet als Bürokraft bei der Nationalbank. Beide Lebenskreise berühren sich und so kommt es unweigerlich zu einer Zufallsbegegnung. Louis möchte den Kontakt zu Louise halten ist aber hin- und hergerissen zwischen Gefühlen für seine Jugendliebe und der Verantwortung seiner Familie gegenüber. Louise entscheidet, dass Leon bei seiner Familie bleiben soll und er sie nicht suchen darf. Sie selbst beobachtet Leon in seiner Rolle als Famlienvater heimlich und hat, ohne Leons Wissen, als außenstehender Beobachter an seinem Leben teil. Leons Frau weiß von der Jugendliebe und bestätigt Leon in dem Wunsch Louise zu suchen. Das Schicksal will, dass Leon Eigner eines Bootes wird. Dort hängt er in seiner Freizeit Tagträumen nach. Im Rahmen einer Aussprache mit Louise gibt Leons Frau Louise den Tipp, Leon dort aufzusuchen. Auf dem Hausboot verbringen Leon und Louise - abseits von Leons heiler Welt daheim - gemeinsame Stunden. Als Leons Frau verstirbt, gibt es für die beiden eine gemeinsame Zukunft.

Mir hat das Ende sehr gefallen. Bei der Analyse des Charakters von Leon bin ich nicht sicher, ob ich ihn für einen verantwortungsvollen Mann oder für einen Feigling halten soll. Obwohl er seine Frau tatsächlich anfangs nicht betrügt, hängt er Louise in seinen Tagträumen nach. Die Sehnsucht nach Louise ist da, die Sehnsucht und Liebe seiner Frau gegenüber verblasst daneben zu vorgeschobener Verantwortung. Allerdings waren es damals andere Verhältnisse als heute, sodass ich schließlich doch denke, dass Leon sich ehrenhaft verhalten hat, indem er keine Konsequenzen aus Louises Auftauchen gezogen und zu seiner Familie gestanden hat. Die Rolle des Ehemanns als Versorger der Familie hatte seinerzeit einen weitaus höheren Stellenwert als heute.

Aus meiner Sicht sind allerdings die Frauen die wahren Heldinnen - Yvonne, die um die Liebe zu Louise und später auch um die Affäre weiß und dies billigt und Louise, die ihr Glück mit Leon für das Glück von Leons Familie und letztlich für Leons Seelenfrieden opfert.

Die Thematik dieses Buches ist sehr menschlich und bewegend. Leider fand ich den Schreibstil zunächst gewöhnungsbedürftig und langatmig. Man muss sich zu Ruhe und Muße zwingen, um sich diesem Buch öffnen zu können. Mir ist es letztlich gelungen und ich bin froh darum.

Es ist ein schönes Buch aber auch nicht wirklich herausragend. Mir ist die Romanze zwischen Leon und Louise insgesamt zu wenig herausgearbeitet worden. Die Beschreibungen von Orten und Personen sind mir zu sachlich. Ich hätte mir mehr Symbolik und detailliertere Beschreibungen gewünscht. Die Zerrissenheit von Leon wird gut dargestellt. Auf die Gefühlswelten von Louise ist der Autor lediglich indirekt eingegangen, so zum Beispiel durch den Umstand das Louise Leon die ganzen Jahre beobachtet hat. Hierdurch wurde zum Ende hin einiges kompensiert, was sich zwischenzeitlich vermisst habe. Die Art der Darstellung empfand ich als "typisch männlich" aber diese Sicht ist auch interessant und mal etwas anderes. Dieser eher trockene und sachliche Stil hindert den Roman wenigstens daran zu einem der zahlreichen kitschigen, platten und oberflächlichden Liebesschmöker zu werden.

Ich freue mich darüber, dass ich Gelegenheit hatte dieses Buch zu lesen. Zugelegt hätte ich es mir ansonsten wohl nicht.