Prägende Jahre

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
sosmer Avatar

Von

Der Roman "Lila Eule" umfasst einen Zeitraum von etwa 20 Jahren, die sowohl für den Autoren als auch für Deutschland prägend waren.
Er beginnt in den frühen Siebziger Jahren: der Autor und sein Alter Ego Carl sind Teenager, die die Welt ihrer Eltern nicht mehr mittragen wollen. Diese Eltern waren Nazis, die der guten alten Zeit noch nachtrauern. Carl geht also in Opposition dazu, und zwar mit Hilfe seiner Freunde, Musik (besonders der Rolling Stones) und LSD Trips.
Nach dem Abitur geht Carl dann nach Ostberlin, um dort Marxismus-Leninsmus zu studieren. Allerdings wird er hier auch wieder zum Aussenseiter, weil Unangepasstheit ihn auch hier wieder einholt.
Die zweite Zeitebene spielt zur Zeit des Mauerfalls. Carl fährt noch am selben Abend nach Berlin um als Journalist an erster Front mit dabei zu sein und um seine unvergessene Ostberliner Freundin Mara wiederzufinden.

Der Teil, der in Bremen spielt hat mir sehr gut gefallen, schon aus dem Grund, dass ich sehr ähnliche Erfahrungen wie Carl gemacht habe, weil ich quasi das, was er beschreibt live miterlebt habe. Diesen Teil finde ich sehr gelungen. Auch seine Studienzeit in Ostberlin ist sehr witzig und skurril beschrieben, man riecht förmlich den Mief der Amtsstuben.

Allerdings fällt der Roman dann für mich in der Wendezeit stark ab. Da ist der Fokus in erster Linie auf das Wiederfinden von Mara ausgerichtet. Die Szenen mit den Freunden, die die Stadt club-mässig aufmischen wollen und die jungen ostberliner Frauen, die auf diesen Zug aufsteigen wollen, sind etwas klischeebeladen.

Insgesamt finde ich den Roman schon recht gut und auch die Illustrationen sind sehr gelungen und passen zum Text.
Man merkt schon, dass Schnibben vom Journalismus kommt, was seinen Stil zum Teil etwas trocken wirken läßt. Zum Teil ist er auch etwas langatmig, etwas kürzer und pointierter wäre hier besser gewesen,

Auf jeden Fall ist dieser Roman gut für ältere Semester, die noch einmal in Nostalgie versinken möchten und die Nachgeborenen, die ihre Eltern oder Grosseltern besser verstehen wollen.