Bargeldabschaffung - Ein Buch, das zum Nachdenken anregt

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Liquid, flüssig: Ein gut gewählter Titel meiner Meinung nach, da er einerseits an die Liquidität, also indirekt ans Bargeld, erinnert, und andererseits auch etwas mit dem Forschungsgebiet von CELESTIALIMITED, dem Forschungsinstitut in New Mexico, an dem die Protagonistin Madeleine Alberti arbeitet, zu tun hat. Die Biochemikerin Madeleine ist nicht sonderlich begeistert davon, als ihre Forschung sie in die Wüste New Mexicos führt, in der sie für die nähere Zukunft arbeiten und leben wird. Doch das wissenschaftliche Forschen ist ihr ein Herzensanliegen, weswegen sie die trostlose Umgebung und die Abwesenheit von weiblichen Kolleginnen in ihrem Themengebiet in Kauf nimmt. Doch plötzlich findet Madeleine heraus, dass ihre Forschung zu anderen Zwecken verwendet wird und sie muss fliehen.

Der Schreibstil war insgesamt relativ gut, jedoch haben mich einige Aspekte gestört. Vor allem am Anfang des Romans hätte es zum Spannungsaufbau beigetragen, wenn das Vorhaben und die Forschungsergebnisse Albertis noch länger ungenannt geblieben wären. In dem Zug hätte man beispielsweise das erste Telefongespräch zwischen der Protagonistin und Richard Weigelt, dem Juristen und passionierten Aktivisten für den Erhalt des Bargeldes, ausschließlich aus der Perspektive Weigelts wiedergeben können. Dies hätte das Vorhaben der Wissenschaftlerin weiterhin verschleiert und die Protagonistin als mysteriöser und eventuell sogar als etwas verrückt dargestellt, was der Endzeitstimmung des Buches geholfen hätte.
Als nicht wirklich nachvollziehbar und ungeschickt eingeleitet empfand ich außerdem die von Anfang an bestehende Anziehung, welche die Protagonistin zu der Person Weigelt empfindet. Dass sie nach einer kurzen Recherchephase für einen geeigneten Gesprächspartner bezüglich ihrer Forschungsergebnisse sofort in fast sehnsüchtig anmutender Geste ein Bild Weigelts heranzoomt und einen Finger über sein Gesicht streichen lässt, empfinde ich eher als befremdlich statt authentisch. Insgesamt fand ich die dargestellte Liebesgeschichte zwischen den beiden Figuren implausibel und der Versuch, in den Gesprächen der beiden ein Knistern oder eine authentische Verbindung herzustellen, ist meiner Meinung nach nicht gelungen.

Der Plot bleibt jedoch durchweg interessant und man erhält auch generell einen Einblick in die Thematik „Bargeld als gedruckte Freiheit“ und die im Buch dargestellte Alternative dazu, inklusive welchen Einfluss diese Bargeldabschaffung auf die Gesellschaft hätte. Schließlich sind nämlich nicht nur Kriminelle am weiteren Erhalt des Bargeldes interessiert, denn: Mit dem völligen Übergang ins Digitale verliert man auch ein gutes Stück Freiheit und übergibt sich mehr und mehr dem System.
Abgesehen von den genannten Mängel und der teilweise missglückten literarischen Umsetzung der Thematik ist es auf jeden Fall ein Buch, das zum Nachdenken anregt und welches die doch sehr aktuelle Frage nach dem Übergang der Bargeldnutzung zur kompletten Digitalisierung der Finanzmittel aufwirft und die Leser*innen an diesem Gedankenexperiment teilhaben lässt.