Die Abschaffung des Bargeldes

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jackolino Avatar

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Das Cover war mir schon vor Wochen aufgefallen und es hat für mich einen hohen Aufmerksamkeitswert. Inmitten der auf den Kopf gestellten Wolkenkratzer-Silhouette einer Großstadt, gerne Frankfurt, stellt eines der Hochhäuser in Wirklichkeit eine Spritze dar. Dieses Bild passt perfekt zum Inhalt des Buches.
Der Roman von Herbert Genzmer spielt in der Zukunft, und zwar in der nahen Zukunft, nur noch 7 Jahre trennen uns davon. Eine Biochemikerin wird für den Job ihres Lebens engagiert. In New Mexiko soll sie sich mit der Aufnahme bestimmter Botenstoffe in Pflanzen beschäftigen, stellt aber schon bald fest, dass in Esperanza noch ganz andere Versuche laufen. Den mexikanischen Arbeitern werden Chips implantiert und injiziert, mit denen man ihr ganzes Leben und Verhalten lenken und bestimmen kann und über die alle Zahlungsströme laufen. Sie werden gläsern und leicht überwachbar. Diese Chips lassen sich mit einem Computer vernetzen und man kann mit ihnen kommunizieren.
Sie flüchtet auf abenteuerliche Art und Weise und mit Informationen eines ihrer Mitarbeiter durch die Wüste nach Mexiko, nimmt Kontakt mit einem Drogenboss auf, dem die Abschaffung des Bargeldes auch zu schaffen machen würde und gelangt mit dessen Hilfe zurück nach Europa. Schon von den USA aus hatte sie Kontakt mit einer Initiative „Gedruckte Freiheit“ aufgenommen, die sich in Deutschland und Europa gegen die Bargeldabschaffung engagiert. Kaum in Frankfurt angekommen, gerät sie in die schlimmste Hochwasserkatastrophe, die Deutschland jemals erlebt hat. Und hier muss sie feststellen, dass ihre Ängste bereits dabei sind, wahr zu werden. Regierung und Industrie haben nur auf eine solche Gelegenheit gewartet, um ihre Überwachungstechniken zu implementieren. Die Impfkolonnen stehen schon bereit.

Irgendwie schien es mir immer so, als sei die vordergründige Handlung gar nicht so wichtig und vor allem die Liebesgeschichte passt nicht wirklich in Handlung und Ablauf hinein.

Viel wichtiger erscheinen mir andere Aspekte. Zum Beispiel der Umgang mit Andersdenkenden: Man verunglimpft sie oder rückt sie in die Nähe von kriminellen Vereinigungen. Ähnlich ergeht es denen, die für die Beibehaltung von Bargeld eintreten. Bargeld wird mit Schmutz, übertragbaren Krankheiten, Steuerhinterziehung und Kriminalität in Verbindung gebracht und damit so negativ aufgeladen, dass man sich kaum mehr dagegen auflehnen kann, es abzuschaffen.
Bargeldbefürworter machen sich zu Komplizen des organisierten Verbrechens, so die neue Lesart. Bargeldlose Bezahlung hingegen ist bequem, modern und chic
Bargeldabschaffung ist allerdings im Roman nicht das wirkliche Problem. Es ist nur ein Mittel zur Durchsetzung des eigentlichen Ziels, und das ist die totale Kontrolle über jeden einzelnen Menschen. Das Ziel ist der gläserne Bürger, der grenzenlos transparente Staat. Bargeldabschaffung ist ein Werkzeug, kein Ziel.
Und dieses Ziel soll nun mithilfe der Hochwasserkatastrophe, in der ein Land enger zusammensteht und sich auf die Notfallpläne der Regierung verlassen muss, durch eine Impfung mit diesen in Seren gelösten Chips durchgesetzt werden.

Zeitweise hat das Buch Anleihen bei den Querdenkern und Corona-Leugnern genommen. Auch hier wurde argumentiert, Bill Gates würde den Menschen durch die Impfung Chips implantieren. Eine gewisse Nähe zu solchen Überlegungen scheint bei dem Autor gegeben zu sein.
Eine Skepsis gegenüber so manchem, was man den Bürgern als alternativlos und unumgehbar verkaufen will, ist notwendig. Dennoch sollte man das Differenzieren nicht vergessen.

Dadurch, dass das Buch in unserer unmittelbaren Zukunft spielt, dass viele Brücken zwischen dem Heute und der Zukunft gebaut werden (Hochwasserkatastrophe an der Ahr, heute bekannte AFD Politiker 2029 in Amt und Würden) scheint uns der Roman einen realen Blick in die Zukunft zu ermöglichen. Dennoch, es ist ein Roman, es ist Fiktion und es kann so oder auch ganz anders kommen.

Die Entscheidung, das Buch nur als E-Book zu publizieren, finde ich zwar nachhaltig, aber ich lese weiterhin lieber ein gedrucktes Buch. Das Lektorat könnte noch verbessert werden, vor allem im letzten Teil sind mir einige Rechtschreibfehler aufgefallen.