Fesselnde Lektüre

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agathas Avatar

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Zuallererst hat mich an diesem Buch das Cover angesprochen: obwohl es schlicht ist, kann man quasi das Mysteriöse fühlen. Nach der Lektüre muss ich sagen: es passt zu diesem Buch wie die Faust auf’s Auge.
Bereits von der ersten Seite herrscht eine Spannung, die es schwer macht, das Buch aus der Hand zu legen und bei mir für einen massiven Buch-Hangover gesorgt hat. Diese Spannung zeigt sich nicht durch wilde Verfolgungsjagden, sondern in erster Linie dadurch, dass man von Anfang an merkt, dass da etwas passiert ist – etwas Schreckliches – und man unbedingt erfahren möchte, was dieses Etwas denn nun ist. Hurley arbeitet viel mit Andeutungen und zwischen den Zeilen steht noch einmal so viel, wie im eigentlichen Text. Dabei ist es zwar durchaus so, dass man als Leser auf die Folter gespannt wird, aber der Bogen nicht überspannt wird. So bekommt man immer mal wieder ein Häppchen hingeworfen und verliert dementsprechend auch die Lust nicht.
Für mich haben einen Reiz des Buches die Charaktere ausgemacht. So war mir beispielsweise „Mummer“, die Mutter von Henny und Tonto, von Anfang an unsympathisch. Aber sie ist nicht „die Böse“, sondern verzweifelt, und das wird in einigen ihrer Handlungen sehr deutlich. So konnte ich sie zwar bis zum Schluss nicht leiden, aber bemitleidet habe ich sie doch immer wieder. Es gibt nicht das eindeutig Böse und mit diesen ambivalenten und sehr realistischen Figuren erlebt man auch ein Wechselbad der Gefühle. Letztendlich ist die Tatsache, dass alle wichtigen Charaktere in diesem Buch nicht nur gut oder nur böse sind, eines der Dinge, welche dieses Buch so unglaublich realistisch machen.
Hinzu kommen Landschaftsbeschreibungen, die dafür sorgen, dass man ein sehr genaues Bild vor Augen hat. Das, obwohl Hurley weniger sich in Details zergeht und ellenlange Passagen über windgebeugte Hütten und Bäume schreibt, sondern es schafft, das Gefühl für diesen Ort im Leser wachzurufen. Ich kann mir gut vorstellen, dass The Loney für jeden Leser unterschiedlich aussieht, denn es geht nicht darum, wie der Ort aussieht, sondern wie er wirkt.
Neben der Frage, was es denn nun mit der Babyleiche auf sich hat und was damals passiert ist, zieht sich noch ein zweites wichtiges Thema durch das Buch: der Glaube an Gott. Mir haben die hier beschriebene Pilgergruppe und ihre Auffassung von Glauben oftmals bitter aufgestoßen. Das lag daran, dass ich kein besonders gläubiger Mensch bin und das Aufzwingen des Glaubens sowie die Auffassung von Gottes Willen, wie sie hier wiedergegeben wird, mir dementsprechend wenig zusagen. Um einiges erschreckender war für mich aber, dass es so unglaublich realistisch wirkt. Man kann sich sehr gut vorstellen, dass es genau so geschehen ist.

Loney hat mich sehr gefesselt, besonders durch Protagonisten, die realistischer nicht sein könnten, und Hurleys Gabe, viel mehr zu sagen, als eigentlich da steht – und dadurch Spannung aufzubauen, die das Buch zu einem echten Pageturner und einer riesigen Leseempfehlung machen.