Lahmer Spuk

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hurmelchen Avatar

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"Ich weiß nicht, ob es noch einen anderen Namen hatte, aber die Einheimischen nannten es The Loney – dieses seltsame Nirgendwo zwischen den Flüssen Wyre und
Lune, wohin Hanny und ich jedes Jahr an Ostern gemein- sam mit Mummer, Farther, Mr und Mrs Belderboss und unserem Gemeindepfarrer Father Wilfred fuhren. Es war unsere Woche der Buße und des Gebets, in der wir die Beichte ablegten, den Schrein der heiligen Anna auf- suchten und nach Gott Ausschau hielten im aufkeimen- den Frühling, der dann jedoch kaum ein echter Frühling war, weder lebhaft noch überschwenglich. Es war eher die feuchte Nachgeburt des Winters."

So beginnt die Geschichte eines Mannes, dessen richtigen Namen wir nie erfahren.
Und es beginnt die Geschichte von religiösen Eiferern und ihrem Wahn, von Schuld, Glaube und Aberglaube

1976 macht sich eine kleine Pilgergruppe auf ins windumtoste, nordenglische "The Loney", einem gottverlassenen Ort, um dort an einem heiligen Schrein, die Heilung des Jugendlichen Andrew, der stumm und zurückgeblieben ist, zu erhoffen.
Andrews jüngerer Bruder Tonto - so der Name, den der Pfarrer der Gruppe ihm gibt - erzählt diese Geschichte rund 30 Jahre später.

"The Loney", der Ort an dem das Wunder geschehen soll, ist von archaischer Schönheit und Bedrohung zugleich, und von zwielichtigen Gestalten bewohnt.

So gut, so englisch, so "gothik- novel" mäßig die Ausgangssituation.
Am Anfang des Romans ist man noch gespannt. Sehr atmosphärisch, und in geschliffener Sprache, beschreibt Hurley die Landschaft, die Stimmung, und auch die unterschiedlichen Charaktere der Gruppe.
Leider passiert über weite Strecken nichts, und nach ca. 250 Seiten, beginnt man, die Geduld zu verlieren. Zu diesem Zeitpunkt kommen einem die sektiererischen Mitglieder der Pilgergruppe ( Mutter und Vater der Jungen, die Haushälterin des Pfarrers und ihr Verlobter etc.) fast wie Karikaturen vor. Plot - technisch werden jede Menge Andeutungen gemacht , die nie aufgelöst werden. Die düstere, unheimliche Stimmung kippt um in karnevalsähnlichen Klamauk, Dialoge wiederholen sich, der Glaubenszweifel der Protagonisten scheint an den Haaren herbeigezogen, und die Entwirrung der ganzen Vorkommnisse, die große Auflösung, ist nicht wirklich nachvollziehbar.
Es kreißt ein Berg und gebiert ein Mäuschen.
Schade drum...

Warum dieser Roman Anfang des Jahres mit dem renommierten Costa Book Award für das beste Debüt ausgezeichnet wurde, fragt man sich nach der ermüdenden Lektüre sehr heftig.