Fantastisch

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meerbuecher Avatar

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Dieses Buch stand seit 2018 auf meiner Wunschliste. Ich las den Klappentext und wusste sofort: „Das will ich lesen.“

Warum ich das nun erst gute 1 1/2 Jahre später getan habe ist mir selbst ein Rätsel denn man, man, man, mir ist da echt was entgangen!

Auf nicht einmal 200 Seiten schafft die Autorin es, der Geschichte so vielschichtig zu gestalten, dass ich immer noch ganz baff bin. Das liegt wohl nicht zuletzt an den wechselnden Perspektiven, wodurch jede der Figuren eine eigene Stimme bekommt. Delphine de Vigan schafft es ein klares Bild der Charaktere zu schaffen, ohne sie im Einzelnen zu beschreiben - sie werden einfach zum Leben erweckt.

Die Beziehungen untereinander und das Geflecht der Loyalitäten werden dabei in jedem Satz deutlich und hat mir nicht nur einmal einen schmerzhaften Stich versetzt. Théos Zerrissenheit ist nachvollziehbar. Er liebt seine Eltern und will keinen von ihnen enttäuschen, während diese ihre Abneigung zueinander auf dem Rücken ihres Sohnes austragen und absolute Loyalität von ihm einfordern. Théo steht zwischen zwei Fronten und zerbricht daran. Er weiß nicht wohin mich sich. In seiner Hilflosigkeit gerät er in eine selbstzerstörerische Abwärtsspirale und verlangt dabei wiederum die absolute Loyalität seines Freundes Mathis. Dieser kann sich ihm nicht entziehen, macht sich aber auch Sorgen. Genau wie die Lehrerin Hélèn, die Théo helfen will und sich für ihn und sein Wohl einsetzt - und dabei auf Gegenwehr trifft, denn sie erfährt im Kollegium keine Unterstützung.

Ein sehr berührendes, bedrückendes Buch von besonderer Sprachgewalt, das noch lange nachhallen wird. Ich habe Delphine de Vigan definitiv für mich entdeckt und freue mich, noch mehr von ihr zu lesen.