Intensiv, schonungslos, überwältigend

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avila Avatar

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Théos Verhalten ist auffällig, denn er hat ein Geheimnis: Er trinkt Alkohol. Seine Lehrerin macht sich große Sorgen um den 12-Jährigen und fühlt sich loyal ihm gegenüber. Doch Théo mauert, denn er fühlt sich seinen geschiedenen Eltern gegenüber loyal und Théos Freund Mathis mauert auch, denn er ist Théo gegenüber loyal. Doch wie kann die Lehrerin dann noch helfen?

Wie Delphine de Vigan es schafft, die verschiedenen Beziehungen aufzubauen und zu verbinden, dass mir - je weiter ich gelesen haben - das gleiche Netz an Verbindungen vor Augen kam, wie das Cover zeigt, wie der Buchtitel es anspricht - ich bin wirklich überwältigt.

Die Autorin nähert sich dem Thema aus verschiedenen Perspektiven. Wir haben die Lehrerin, Théo, seinen Freund Mathis und dessen Mutter. Jede Person fühlt sich einer anderen Person verpflichtet. Jede Person hat ihr eigenes Päckchen zu tragen, so dass Handlungsmotive für Abwärtsspiralen gegeben werden. Doch nicht nur das, zwar merkt man auch, wie manche Personen sich verpflichtet fühlen, aber das führt gleichzeitig auch dazu, dass man sich von anderen Personen abwendet. Durch die Perspektivenwechsel wird das Konstrukt von vielen Seiten beleuchtet und es entsteht eine Komplexität, die man kaum entwirren kann.

Der Stil der Autorin ist sehr intensiv. Sie beschreibt die einzelnen Szenen mit klaren Worten, so dass ich mich in Théos Szenen selbst betrunken fühlte, die Sorge der Lehrerin mir die Kehle abschnürte und ich problemlos die Perspektiven wechseln konnte. Auch dadurch kann das Beziehungsgeflecht erst so schonungslos aufgebaut werden.

Dieses Buch hat mich überrascht, in den Bann gezogen und wirklich begeistert! Ich kann es eigentlich jedem nur empfehlen!