Eine gestohlene Kindheit

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clara_fall Avatar

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Dies ist die Geschichte über eine Kindheit im Westdeutschland der 80er - eine Geschichte, wie sie sicher Unzählige so oder so ähnlich erlebt haben. Und sicher in dieser Form in jedem weiteren Jahrzehnt erlebt worden sein könnte bis in die Gegenwart. Denn noch immer kämpft die Frau um Anerkennung in der Familie und in der Gesellschaft. Die aktuellen Geschehnisse im Iran bestätigen es. Was die Autorin hier biografisch wiedergibt, ist bewundernswert, weil sie freimütig von ihren schlimmsten Ängsten ihrer Kindheit berichtet, die sie ihren Eltern zu verdanken hat. Doch es ist keine Abrechnung, sondern pure Wertschätzung für die Leistung ihrer Mutter, die zeitlebens versucht hat, die Fäden zusammenzuhalten, um ihren Kindern, einer Pflegetochter und einer dementen Mutter ein Zuhause zu bieten. "Es braucht so vieles in der Welt. Entschlossenheit, Mut. Rebellion. Aber es braucht auch eine Million solcher Herzen. Die nicht versteinern, die wach und warm und offen bleiben, ganz gleich, welche Narben die Welt ihnen zufügt." (Zitatende) Viele Aussagen der Autorin berühren mich, aber diese am meisten. Denn letztendlich ist es immer ein Mutterherz, das entscheidet, wie es mit einer Familie ausgeht.

Wäre mir das Buch in der Buchhandlung begegnet, wäre es mir sicher nicht aufgefallen, denn es wirkt sehr unscheinbar und der Titel lässt eine andere Thematik vermuten. Die Leseprobe war es, die mir zufällig in die Hände fiel und mich auf dieses Buch hingeführt hat. Meine Jugend fand auch in den 80ern statt, aber in Ostdeutschland und wenn meine Mutter heute erzählt und ich es mit meinen Erlebnissen abgleiche, dann ist es eine ganz andere Welt, die da zeitgleich ablief. Und macht um so verständlicher, warum es noch immer so schwerfällt, dass sich Ost und West innerhalb dieser Generation versteht. Um so mehr ein wichtiges Stück Literatur!