Grässliche Beziehung

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Was habe ich da gerade gelesen? Eine Geschichte (einen Bericht?) über eine für mich unfassbare Beziehung. Ich musste mich anfangs mehrfach versichern, dass aus den 80iger Jahren und nicht aus den 50iger Jahren berichtet wird. Aus den Augen des Kindes wird eine Geschichte der Kindheit erzählt. Die Beziehung der Eltern war für mich von Anfang an nicht nachvollziehbar, viel zu oft dachte ich erbost mit entsprechenden Scgimpfworten im Kopf über den Vater nach. Die Mutter, liebevoll, etwas erschöpft, bemüht, lässt sich von ihrem Ehepartner vollständig unterdrücken. Er wirft ihr ihr Gewicht vor, er gibt ihr die Schuld an seiner Mittelmäßigkeit. Er macht sie klein wo er nur kann und sie lässt das geschehen. Gab es das tatsächlich noch in den 80igern? Vermutlich. Vermutlich gibt es das auch heute noch. Nachvollziehbar ist es mir trotzdem nicht, warum nur setzt sich eine kluge Frau einen solchen Diktat aus, unterwirft sich einer Tortur. Der Vater, der beruflich nicht so viel erreicht hat wie er es sich erhofft hat, quält durch sein Verhalten nicht nur die Ehefrau, sondern auch die Leserin. Er ist schon fast bösartig.Die Frau versucht immer wieder seinen Ansprüchen zu genügen, lässt sich allerlei Frechheiten gefallen. Warum sie sich das antut, habe ich nicht verstanden. Die Erklärungsversuche , die die Autorin , während sie über ihre eigene Kindheit berichtet, zwischen die einzelnen Abschnitte setzt, wirken dabei nicht immer überzeugend. Ich mochte die Mutter, sie ist herzensgut, trotzdem blieb sie mir merkwürdigerweise stets fremd, distanziert. Die Lektüre war unerwartet belastend für mich, ich hätte die Mutter häufig schütteln und den Vater schlagen mögen...Beides ist an sich nicht meine Art....
Insgesamt betrachtet bot sich mir eine ungewöhnliche Beziehungsgeschichte, die ich jedoch nicht kleinreden möchte. Nur weil mir die Handlungen der Akteure nicht gefallen haben, ist die Geschichte ja nicht schlecht. Sie ist das Gegenteil: ein gut geschriebener Roman über eine wirklich grässliche Beziehung.