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eulenmatz Avatar

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MEINUNG:

Lügen über meine Mutter ist mir schon bevor das Buch auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2023 erschienen ist, aufgefallen, aber ich hatte ein paar Hemmungen das Buch zu beginnen. Ich hatte große Befürchtungen, dass es eine Geschichte wird, die wirklich weh tun wird beim Lesen. Schlussendlich hat aber die Neugier gesiegt und habe zu dem Buch gegriffen.


Daniela Dröschers Roman ist die Erzählung einer Kindheit in den 1980er Jahren, welche im Hunsrück stattfand. Der Roman erzählt die Geschichte einer Familie, der Familie der Autorin, vor allem ist die Geschichte einer Ehe mit besonderem Fokus auf die Mutter. Diese muss einiges ertragen, in einer Ehe, die sie zu einem Zeitpunkt in der Geschichte sicher nicht eingegangen wäre. Sie ist ständig, den Anfeindungen des eigenen Ehemanns ausgesetzt, der ihr wegen ihrem Gewicht die Schuld an allem gibt, was in seinem Leben schief läuft. Über Jahr muss die Demütigungen und Beleidigungen ertragen.

Ich denke, es ist klar, dass Daniela Dröscher hier zu großen Teilen ihre eigene Familiengeschichte erzählt, auch es keine Biographie ist. Ich denke, dass man es als autofiktionalen Roman beschreiben kann. Oft kritisiere ich bei solchen Romanen, dass die Reflexion dieser Lebensgeschichten fehlt und eine Einordnung, wie man es vielleicht später als Erwachsener sieht. Das ist hier richtig gut gelungen, denn zwischen den Kapiteln gibt es immer wieder kursive Kapitel, in denen die Autorin genau das tut und zwar in einer Art Gespräch mit ihrer Mutter. Sie stellt ihr auch Fragen, an die sie damals nie gedacht hätte, um das ganze Geschehen zu verstehen und so kann der Leser vieles auch nachvollziehen. Bei dieser Geschichte darf man nie vergessen, dass sie aus der Sicht von Daniela Dröscher als Kind oder Jugendliche. Sie beleuchtet ihre Kindheit und die Ehe der Eltern aus heutiger Perspektive.

Ich bin wirklich froh gewesen, dass sich die Mutter immer wieder anfängt zur Wehr zu setzen, auch wenn sie sich erst sehr spät aus der Ehe befreien kann. Das Schlimmste ist, dass sie niemanden hat, der zu ihr steht. Ganz im Gegensatz muss sie sich auch von der Schwiegermutter und der dörflichen Enge für weitere Dinge anfeinden lassen, u.a. weil sie nicht aus dem Dorf kommt und ihre Eltern aus Gebieten aus dem heutigen Polen nach Deutschland gekommen sind. Die unfassbare Einsamkeit und Hilflosigkeit war manchmal schwer zu ertragen. Der Vater ist für mich durch und durch ein schwacher Mensch gewesen, der seine Frau versucht ständig klein zu halten, obwohl diese wesentlich mehr Schneit als er hat. Ihr Gewicht ist ein ständiger Aufhänger, für alles, was er im Leben nicht hinbekommt. Er gibt ihr das Gefühl, dass sie nichts wert ist, wenn sie nicht schlank und vorzeigbar ist. Das zu lesen, war wirklich manchmal hart zu ertragen. Schlimm wird es, als es auf Daniela überschwappt, die es in ihrem kindlichen Leichtsinn wiederholt vom Vater. 

FAZIT:

Lügen über meine Mutter habe ich in einem Rutsch gelesen. Der Sog des Erzählten war so groß, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte. Es ist das Kammerspiel einer Ehe in den 1980er Jahren in Westdeutschland. Natürlich ist es eine Geschichte, die aufrüttelt, die schockiert und die mich auch ganz häufig an die Ehe meiner Eltern auf andere Weise erinnert hat, aber es ist ein absolut lesenswertes, wichtiges Buch und eine absolute Empfehlung von mir.